Rezension

Nichts für schwache Nerven

Drowning - Tödliches Element - Rachel Ward

Drowning - Tödliches Element
von Rachel Ward

Nachdem Rachel Ward mir mit ihrer spannenden "Numbers"-Trilogie aufregende Lesestunden beschert hat, war ich wirklich begeistert, als ich ihr neues Jugendbuch entdeckt habe. Schon der Klappentext von „Drowning - Tödliches Element“ überzeugte mich komplett davon, dass dieses Buch mich fesseln wird:

Er kommt zu sich. Ein Tropfen trifft sein linkes Auge. Dann schießt Regen aus dem grauen Himmel. Er dreht den Kopf zur Seite, spuckt Schlamm und Kies aus, entdeckt ein Gesicht, wenige Meter entfernt. Haare kleben wie dünne Schlangen auf der Stirn. Aus dem Mundwinkel rinnt Wasser. Bleiche Haut, dreckverschmiert, geschlossene Augen. Es ist sein eigenes Gesicht!
Als Carl aufwacht, ist Rob tot. Doch Carl kann sich an nichts erinnern. Nicht, wie sein Bruder ertrunken ist, oder warum sie an dem See waren und auch nicht, weshalb Neisha, die offensichtlich bei ihnen war, Todesangst vor ihm hat. Er weiß nur, dass er herausfinden muss, was passiert ist. Bevor vollendet wird, was an jenem Tag begann.
Es ist ein albtraumhaftes und zugleich faszinierendes Szenario: Neben seinem toten Bruder zu erwachen und keinerlei Erinnerungen an die letzten Stunden zu haben. Weder Carl noch der Leser ahnen, was geschehen ist. Zusammen mit ihm erlebt man, wie Bruchstücke seiner Erinnerungen an die Vergangenheit und an den schrecklichen Unfall wieder zurückkehren. Und mit jeder aufkommenden Erinnerung  versucht man, alle zu einem Ganzen zusammen zu fügen und erlangt eine schreckliche Gewissheit.

Sehr schnell, schon während des Lesens der ersten Seiten, wird dem Leser klar, dass Carls Geschichte keine einfache ist. Carl muss nicht nur den Tod seines Bruders verarbeiten, sondern auch den eigenen Nahtod. Hinzukommt seine Amnesie, die ihn quält und das Unwissen über die Geschehnisse, die zum Tot seines Bruders führten.

Seine Erinnerungsfetzen erzählen von einer sehr schwierigen Kindheit, denn sein Familienleben wurde durch Gewallt und Alkoholsucht geprägt. Carl berichtet sehr eindringlich und authentisch, über seine bewegte Vergangenheit -die immer noch Bestandteil seines jetzigen Lebens ist-, sodass der Leser schnell einen Zugang zu seiner Geschichte und seiner Gefühlswelt findet. Allerdings erzählt uns Rachel Ward nicht nur über Carls Trauerbewältigung und schwierigen Elternhaus. Sie erzählt dem Leser auch über Folgen eines erschütternden Traumatas und fügt ein paar fantastische Elemente ein, die sich perfekt in diese düstere Handlung einfügen und sie zusätzlich kompliziert und mysteriös machen.

Rachel Ward hat mit „Drowning - Tödliches Element“ eine sehr spannende und mysteriöse Geschichte in einem sehr schnellen Tempo erzählt, die mich oft an die Grenzen meiner Fassung brachte. Ihr Netz aus sich stetig steigender Spannung und Nervenkitzel umhüllte mich und zog sich mit jeder gelesener Seite etwas fester. Wirklich erstaunt hat mich, dass sich die Handlung überwiegend mit dem tödlichen Element Wasser beschäftigte und mir ein ständiges Bedürfnis nach trockener Kleidung beschert hat. Viele Erinnerungssequenzen von Carl sind so erdrückend und beklemmend, dass man als Leser oft das Gefühl hat, das Wasser würde einem selbst bis zum Hals stehen. Die Handlung ist nichts für schwache Nerven, weil viele Ereignisse sehr aussichtslos, bedrückend und trübe beschrieben werden. Manchmal war es mir persönlich ein bisschen zu viel. Rachel Ward konnte mich jedoch mit kleinen Lichtblicken wieder aus diesem Morast ziehen. Lichtblicke, wie die kleine Liebesgeschichte, die sich im Verlauf der Handlung herauskristallisiert. Das Ende von „Drowning - Tödliches Element“ ließ mich mit einigen Fragen zurück, weil es sehr offen gestaltet wurde. Bleibt nur zu hoffen, dass Rachel Ward bereits an der Fortsetzung schreibt.