Rezension

Nichts für schwache Nerven

Weiße Hand wie Schnee - Alexandra Huß

Weiße Hand wie Schnee
von Alexandra Huß

Klappentext:
Fatale Begegnungen Dort, wo die schottischen Wälder am dunkelsten und die verfallenen Burgen fast vergessen sind, stoßen sie aufeinander: Eine Gruppe von fünf Geschwistern, die fatalerweise glauben, hier ein sicheres Versteck gefunden zu haben; zwei Psychiater, die sich auf der Suche nach einem überfälligen Patienten schon am Ziel glauben; und ein Serienkiller, der an die falsche Adresse gerät.

Die Autorin:
Alexandra Huß studierte Creative Writing an der VHS Duisburg und absolvierte verschiedene Praktika in der Buchbranche.
Sie lebt mit ihrer Familie im schaurig-schönen Ruhrgebiet und verfasst unter anderem Texte für Touristikportale. Auf Mallorca, ihrer zweiten Heimat, tankt sie Energie für neue Projekte.

Meine Meinung:
Fünf Geschwister sind auf der Flucht vor ihrer Mutter, die sie jahrelang missbraucht hat. Sie haben sich in einer Burg eingenistet, versuchen, ein normales Leben zu führen - alles unter der Obhut der großen Schwester Scout, die von Rache, Wut und Trauer beseelt ist, denn was die Mutter ihr und den Brüdern angetan hat, ist durch nichts entschuldbar.
Ein anderer Handlungsstrang begleitet einen Psychiater, der verzweifelt nach einem Patienten sucht, dem er Freigang gewährt hat. Als ein Mord geschieht, ist natürlich klar, wer das wehrlose Opfer auf dem Gewissen hat - oder doch nicht?
Und so treffen die verirrten Seelen aufeinander - getrieben von Rachegelüsten, Mordhunger, Furcht und der Gewissheit, dass sich die Vergangenheit nicht einfach so abstreifen lässt. Und für Fehler muss man bezahlen.

"Weiße Hand wie Schnee" überzeugt mit einem flüssigen, auf den Punkt gebrachten Schreibstil. Man befindet sich sofort in der Szenerie und braucht starke Nerven, um der Geschichte zu folgen. Schnörkellos und mit einem Gespür für Hochspannung, Dramatik und ungeschönter Atmosphäre erzählt Alexandra Huß aus dem Leben einer missbrauchten Familie, die selbst zu unorthodoxen Mitteln greift, um sich zu wehren und abzurechnen.

Das Buch ist keine leichte Kost; es zeigt menschliche Abgründe, die tiefer nicht sein könnten.
Besonders gut haben mir die kurzen Kapitel gefallen, die die Handlung am Ende zusammenlaufen lassen.
Man ahnt nicht, wo es hingeht und vor allem, wie es ausgeht, denn hier ist alles möglich. Und Überraschungen gibt es allemal.

Auch der Bezug zur Realität gefiel mir ausgesprochen gut. Man liest immer wieder Schlagzeilen, dass gefährlichen Patienten Freigang gewährt wird und dass es viele Missbrauchsopfer gibt, die diese Last ein Leben lang mit sich herumtragen. Wo bleibt Hilfe?

Ich war ergriffen, wie Scout mit ihren Brudern umging und alles für sie tat, damit sie wenigstens ein bisschen vergessen konnten. Doch das wird wohl nie möglich sein.
Ich empfand Scout als stark und oft auch gefühlskalt, was aber nur auf andere Menschen zutraf, denn ihre Familie war ihr heilig - außer natürlich die Mutter und den Vater, der nichts tat, um seine Kinder zu schützen.
Die Mord- und Foltermethoden sind nicht ohne und man hat das Gefühl, alles vor sich zu sehen.
Die schottischen Wälder dienen als Kulisse und in ihnen lässt sich so mancher Schrei verbergen.

"Weiße Hand wie Schnee" ist schockierend, brutal und lässt den Atem stocken.

4 Sterne.