Rezension

Nichts von Belang

LOG OUT! - Sylvia Witt, Oliver Uschmann

LOG OUT!
von Sylvia Witt Oliver Uschmann

Bewertet mit 2 Sternen

Log Out beginnt mit einem verlassenen Protagonisten, die Mutter ist vor Jahren verstorben, der Vater verreist mit einer neuen Frau. Pauls bester Freund verlässt die Region, um in Bamberg ein Literaturstudium zu beginnen. Erwachsenwerden steht an, keine Frage, nur hat Paul keinen genauen Plan im Kopf. Soll er Landschaftsgärtner werden, wie sein Vater? Die Verwirrtheit lässt ihn schließlich mitten in der Natur sein Heil suchen, dem deutschen Wald. Angespornt durch eine neue Internetbekanntschaft und einen Medienprofi mutiert Paul zum Aussteiger, ohne Geld will er die kommenden Wochen leben und in seinem Blog darüber berichten. Vielleicht rüttelt er durch die Aktion seinen alten Kumpel Benjamin wach, der sich seit seiner Abreise nicht mehr gemeldet hat. Vielleicht ergibt sich die Zukunft von selbst. Und tatsächlich, sein Vorhaben schlägt Wellen, bald kann er sich kaum vor den Anfragen aus Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen retten. Paul gleiten die Geschehnisse aus der Hand, am Horizont scheint die Liebe auf, deren stärkster Gegner die Geldgier ist, welche ihn von nun an verfolgt.

Meinung:

Der Roman Log Out hat zweifellos seinen Reiz. Die Grundidee trifft den Zeitgeist, die Aufgeregtheit eines Medienhypes, der aus jeder Mücke in sekundenschnelle einen Elefanten macht, um Auflage zu machen, Zuhörer oder Zuschauer zu erreichen und dabei manchmal die Grenzen des Erlaubten überschreitet, selbst aktiv ins Geschehen eingreift, damit die Quote stimmt. Auch die Hauptfigur ist grundsätzlich klug angelegt. So einer suchenden, menschlichen, männlichen Seele folge ich als Leser gerne.

An dem Punkt beginnen die Probleme des Romans. Mich beschlich beim Lesen das Gefühl, die Autoren hatten zunächst eine gute Ausgangsidee, daran berauschten sie sich, es kamen noch mehr Ideen, schon nicht mehr ganz so gute und irgendwie kam dann Paul dazu, dem eine Vergangenheit angedichtet wurde. Der Roman wirkt nicht sauber ausbalanciert. Er schwankt zwischen Albernheiten, die Humor transportieren sollen, tragischen Momenten, pervertiertem Medienbetrieb, Aussteigertum, harter Realität und stets weichen Landungen hin und her. Mal soll es also lustig sein, mal gesellschaftskritisch. Richtig funktionieren tut nichts von alledem. Selbstredend wir auch das Aussteigertum nur am Rande wirklich gelebt, eigentlich wird es lediglich behauptet. Ich konnte jedenfalls nicht viel vom Leben ohne Geld, dem Leben im Walde wahrnehmen.

Aber es gibt auch positives zu vermelden. Man spürt die Schreibfreude, bei den Autoren. Die treffende Wortwahl und die quicklebendige Sicht der Dinge sind ein Plus. Da steckt viel Emotion, viel persönliche Begeisterung und Können drin, die den Blick für das Gesamte allerdings eingetrübt hat. Denn im Detail liegt die Schwäche des Buches. Besonders negativ fallen die Logikfehler und Ungereimtheiten in dem Buch auf. Ansonsten liest sich „Log Out“ flüssig, hält über die gesamten 340 Seiten ein gnadenlos hohes Tempo, das geprägt wird von Handlungsintensität, nicht von Glaubwürdigkeit oder dem Interesse an der naiven Hauptfigur, die nur minimales Identifikationspotential bietet. Erst ganz am Schluss steigert sich der Roman zu einem überraschenden Ende, der seine zweihundert Seiten starke Oberflächlichkeit in eine Spur Tiefgang münden lässt.