Rezension

Niemand verschwindet einfach so

Niemand verschwindet einfach so - Catherine Lacey

Niemand verschwindet einfach so
von Catherine Lacey

 Elyria hat nicht weiter darüber nachgedacht, sie hat es einfach getan. Ein One-Way-Ticket nach Neuseeland gekauft, einer Einladung folgend, die vor langer Zeit ausgesprochen wurde. Dieser Jemand weiß gar nicht, dass sie kommt, dass sie auf sein Angebot eingehen wird. Ihr Mann weiß nicht, dass sie gehen wird. Ihre Mutter weiß nicht, dass sie gehen wird. Ein kurzer Whisky noch in der Bar nebenan und einige Stunden später steigt sie in Neuseeland aus dem Flugzeug.

In der Fremde angekommen muss sie jedoch erkennen, dass sie ihrer eigenen Vergangenheit, ihrem Leben, ihrem Selbst nicht davonlaufen kann. In Rückblenden erzählt Elyria von ihrer alkoholsüchtigen Mutter, ihrer verstorbenen Schwester Ruby, von dem Professor, der zu ihrem Mann wurde, von ihrem Vater, der ihr kein Vater war. Und von der Dunkelheit in ihrem Inneren und den Biestern, die darin leben.

Niemand verschwindet einfach so ist kein hoffnungsfroher Roman, keine leichte Lektüre. Es ist eine düstere Geschichte in die dunklen Abgründe einer verkorksten menschlichen Seele. Es ist nicht so, dass Elyria in Neuseeland wieder Hoffnung und Lebensmut findet, dass sie sich ändert und ihr Biest bekämpft. Es ist kein Hollywoodklischee mit rosarotem Happy Ending, sondern eine traurige, deprimierende Geschichte voller Tiefe.

Warum man Niemand verschwindet einfach so lesen sollte, wenn es doch so düster und deprimierend ist? Weil Catherine Lacey unfassbar gut schreiben kann und es sind gerade Elyrias Monologe und düstere Gedanken, die mich so gefesselt haben. Dazu kommt die Sprache, die mich mitgerissen hat, und obwohl manche Gedanken etwas wage geblieben sind, begreift man genau, was Elyria meint.

Niemand verschwindet einfach so ist kein Buch für den Strand oder die Bahn, es ist ein Buch, bei dem man sich an einem verregneten Tag in eine Decke kuscheln und stundenlang lesen und hinterher seinen eigenen Gedanken nachhängen sollte.

(c) Books and Biscuit