Rezension

Noch besser als Teil 1 ... spannender und dichter

Teestunde mit Todesfall - Robin Stevens

Teestunde mit Todesfall
von Robin Stevens

Bewertet mit 5 Sternen

Wells und Wong die Zweite! Die (inzwischen) 14jährigen Detektivinnen Daisy Wells und Hazel Wong haben einen neuen Fall. Während einer Geburtstagsfeier auf dem Anwesen der Familie Wells wird ein Gast ermordet. Fast jeder der Anwesenden hatte ein Motiv und die Gelegenheit. Umgehend nimmt die Detektei W & W die Ermittlungen auf und bekommt dieses Mal sogar tatkräftige Unterstützung. Bald aber deutet sich an, dass die Lösung dieses Falles niemandem gefallen könnte, am allerwenigsten Daisy, die gar nicht mehr genau weiß, ob sie den Täter oder die Täterin wirklich entlarven möchte.

Wer sie noch nicht kennt: Die Serie um Wells und Wong ist eine (bewusst) altmodisch wirkende, aber sehr charmante Kinder- und Jugendhommage an alte Agatha Christie und Hercule Poirot Krimis, die in den 1930er Jahren angesiedelt ist. Daisy Wells und ihre asiatische Freundin Hazel Wong sind zwei normale Mädchen, ohne übertrieben unglaubwürdige Fähigkeiten, die genau hinschauen, recht pfiffig sind und auf diese Weise oft die richtigen Schlüsse ziehen. Der Zufall kommt ein ums andere Mal zu Hilfe. Ansonsten aber wird viel belauscht und beobachtet und das eben ziemlich gut.

Bereits der erste Fall des Detektivinnenduos hatte mir gut gefallen. „Teestunde mit Todesfall“ legt aus meiner Sicht noch einmal einen drauf. Während mich in Teil eins Kleinigkeiten störten, etwa einige verwirrende Namensähnlichkeiten und ein leicht diffuser Wechsel zwischen Charaktereinführung und Mordaufklärung, schreibt die Autorin dieses Mal von Beginn an dicht und ohne Längen, wozu auch das Setting, ein abgelegenes Anwesen, beiträgt.

Der Ton ist etwas ernster. Zwar wird die Geschichte mit Witz und Leichtigkeit aus kindlich-jugendlicher Perspektive spannend erzählt,
aber Robin Stevens spiegelt auch dieses Mal wieder die komplizierte, problembehaftete Welt der Erwachsenen, die teilweise egoistisch und moralisch fragwürdig wirkt. Daisys Mutter hat eventuell ein Verhältnis mit einem jüngeren Mann, Daisys Vater, Lord Hastings, leidet still vor sich hin und der Mörder befindet sich mit großer Wahrscheinlichkeit unter den Familienangehörigen. Das muss von den beiden Detektivinnen erst einmal verdaut werden. Robin Stevens bringt das gut rüber. Die mutlose Wut und Traurigkeit, die Daisy in manchen Szenen zeigt, wirkt echt. Auch der Mord selbst wird keineswegs als bloßes Abenteuer dargestellt, sondern als das, was er ist: kaltblütig und brutal. Bewusst wendet Robin Stevens den Blick auf das Mordopfer erst dann ab, als genau dies deutlich wird. Gerne mehr von soviel unverklärter, aber keineswegs unangemessener Ehrlichkeit in Kinder- und Jugendbüchern.

Die Mädchen werden in ihrem zweiten Fall schon als eingespieltes Team dargestellt. Beide wirken vertrauter, rücken – vor dem Hintergrund dieses speziellen Mordfalles - näher zusammen. Erzählerin ist wieder Hazel Wong, Schriftführerin der Detektei. Sie ist ein kleiner Watson, ruhig und überlegt. Ein sympathisches, zurückhaltendes Mädchen, das manchmal verunsichert ist, weil sie im England der 30er Jahre nicht selten als fremdartig wahrgenommen wird. Daisy ist das genaue Gegenteil, wild und sehr von sich überzeugt, was in Teil 1 zu kleineren Reibungspunkten führte. Dieses Mal kommen die Freundinnen fast ohne Zankereien aus, was ich sehr angenehm fand, weil es von dem Mordfall abgelenkt hätte.
Schließlich darf der Leser zwei Charaktere etwas besser kennenlernen: Kitty und Küken. Vor allem die piepsige Küken bringt Leichtigkeit in eine ansonsten spannende aber auch eindringliche Kriminalgeschichte.

Die Auflösung ist gut verborgen und es darf – ganz klassisch - munter drauf los geraten werden. Einfach ist das allerdings nicht. Denn jeder Verdächtige hat ein Geheimnis, denen die Mädchen nach und nach auf die Schliche kommen. Das Ende ist dann gut nachvollziehbar. Robin Stevens präsentiert in „Teestunde mit Todesfall“ nicht nur einen Täter oder eine Täterin, sondern erneut ein MOTIV, das moralisch zwar nicht gutgeheißen, wohl aber erklärt und damit nicht ganz und gar verurteilt wird.

Mein Fazit: Well done, Robin Stevens! Ein spannender, dicht erzählter zweiter Band, der Lust auf weitere Abenteuer dieser etwas anderen Serie weckt.