Rezension

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Null Sterne & ein erschreckendes Frauenbild!

Trinity 01 - Verzehrende Leidenschaft - Audrey Carlan

Trinity 01 - Verzehrende Leidenschaft
von Audrey Carlan

Dieses Buch gehört so überhaupt nicht zu meinem Lesegeschmack. Und doch bin ich ‚dank‘ einer kleinen Gruppe Buchverrückter plötzlich in diese Leserunde geraten (u.a. auf Twitter ~ #bbfliest). Nein, gefreut habe ich mich nicht ~ Ja, von Beginn an wollte ich es nicht wirklich lesen.
 Dennoch versuchte ich unbefangen an die Geschichte heranzugehen. Offen zu sein für ein mir unbekanntes Genre. Und warum auch nicht, wenn es keine ‚triefende‘ Liebesgeschichte ist und mit prickelnder Erotik umschrieben wird. Aber was soll ich sagen? Nicht nur mich grauste es an vielen Stellen & innerhalb einer Leserunde fielen von anderen LeserInnen Genrebezeichnungen wie „Si-Fi“ und „Fantasy“, denn ja, Anatomisch war mir einiges suspekt ~ gruselte mich gar!

„Sein Schwanz ist riesig. Ich kann die Hand kaum darum schließen […]“ (S. 179)

„Meine gierige Pussy saugt sich an den Eindringlingen fest […]“ (S 181)

“ […] und rammt sein Glied bis zum Muttermund wieder in mich hinein.“
„Ich schreie auf als er mich spaltet.“
(S. 183)

„Ich schlucke glücklich jeden Tropfen. Dieses Gericht genießt man am besten heiß […]“ (S. 239)

Dies sind nur minimal Auszüge/Beispiele! Für mich gab es keine prickelnde Erotik, vielmehr haben mich diese Szenen amüsiert oder wirkten einfach plump bis abschreckend!
 Und man vergesse nicht die hervorschnellende Zauberzunge vom Reptil Mr. Chamäleon (Chase) und natürlich die Höschen von Madam Gigi! Wichtiges Thema, denn neue Höschen bedarf es viele – ein Blick von Chase reicht da schon (um die Unterwäsche wechseln zu müssen).

Spoiler~Warnung! 

Das Buch ist Oberflächlich, Punkt! Der Mann ist ein reines Sexobjekt, welcher tun und lassen kann, was er will … Solange er durchtrainiert ist und Geld auf dem Konto hat. Denn darum geht es grob flächig: Große, schlanke Frauen und durchtrainierte Männer – ein Schönheitsbild wird geformt, welches fernab jeglicher Realität ist.

Die Autorin versucht eine starke Frau zu skizzieren, die sich von ihrer gewaltsamen Beziehung befreit hat. Das ging nur leider völlig daneben! Zu Beginn wird darauf aufmerksam gemacht, das Gillian Panikattacken hat, wenn große Männer zu schnell auf sie zukommen, deren Reaktionen sie nicht einschätzen kann. Nun gehen wir ein paar Seiten weiter, zu einer der ersten intensiveren Begegnungen zwischen Chase und Gillian:

„Bestimmt hinterlässt er dort einen blauen Fleck. Ich hoffe es fast.“ (S. 57)

Audrey Carlan will aufzeigen wie stark Frauen sind und macht sich mit solchen und anderen Sätze nicht nur selbst unglaubwürdig – ich finde es unmöglich! Gillian soll an Ängsten leiden, dies betont die Autorin immer wieder und doch wird diese Geschichte immer nur angerissen. Warum wurde dies überhaupt eingebaut? Das Verhalten von Gillian, besonders in Bezug auf Chase ist fernab jeglicher Realität! Denn Chase ist ein Charakter der eben genau die Merkmale eines gewalttätigen Mannes aufweist. Kontrollfreak und Besitzergreifend sind schon fast keine Bezeichnungen mehr für seine Handlungen! Er verfolgt ihren Kreditkartenverlauf, versucht sie finanziell an sich zu binden und holt sich ohne zu fragen, das was er will von ihr! Aber das ist wohl ok, denn egal was Chase sagt oder tut, egal wie unglücklich Gillian mit dieser Situation ist: sobald er sie nur anschaut, kurz berührt, ist sie ihm willig (und benötigt umgehend einen neuen Schlüpfer).
Eine Frau mit gewalttätiger Vergangenheit, wird gegenwärtig im Buch überfallen (S. 77) und verspürt kurz darauf unbändige Lust auf Sex (S. 86)! Ebendiese Frau lässt sich von dem neuen Mann herumkommandieren, kontrollieren und bevormunden – jedoch reden wir hier nicht von einem Roman, der den Teufelskreis solcher Beziehungen skizziert, sondern soll von der großen Liebe handeln.
 Welches Frauenbild also erschafft die Autorin?

Wir sympathisieren in Büchern mit Bösewichten, verzeihen unseren liebsten Protagonisten Dinge die wir im realen Leben niemals gutheißen würden. Doch dieser Roman wurde nicht als Satire verfasst! Und eben aus diesen Gründen hatte ich bereits an den beschriebenen Szenen zuvor meine Probleme! Was jedoch nun folgt kann ich kaum in Worte fassen und schockierte mich!
 Zunächst eine kleine Wiedergabe der Seiten:
Gillian wird von einem Mann gewaltsam festgehalten, Chase platzt in die Situation hinein und haut dem Mann eine runter. Kurz darauf im Auto verlangt Chase von Gillian, sich auszuziehen und hat (gewaltsamen) Sex mit ihr.
Auch wenn Gillian erregt ist, so grenzt diese Szene für mich an einer Vergewaltigung. Ja, sie hat sich ihm freiwillig „hingegeben“. Und doch verspürte sie Angst! Spricht von ‚gewaltsamen Eindringen‘ und ‚Schmerz‘ (S. 358).

„Diese sexuelle Begegnung war voller Wut und Besessenheit.“ (S. 359)

Und was folgt? Stille. Jeder zieht sich zurück und einige Tage später wird mit Sex alles wieder gut gemacht und das Thema ist beendet. Nein, eigentlich macht er Gillian klar das er sich das heraus nehmen kann, denn er kann sich einfach alles herausnehmen! Und auf jeder Seite des Buches springt es mich als Leserin an: Gillian ist sein Besitz!

„Wenn es dir besser geht, werde ich dich gut und hart vögeln. Dann wirst du mein sein.“ (S. 93)

„Wenn ich dich einmal habe, bist du mein […]“ (S. 98)

„Mit einem Blick sagt er so viel. Du bist mein. Du wirst mir nicht entkommen.„ (S, 137)

„Selbst seine Kurznachrichten hören sich an, als würde er einen herumkommandieren.“ (S. 267)

„Du gehörst mir, verstanden!“ (S. 358)

„Du bist nicht mein Eigentum … aber bald.“ (S. 362)

Ein Mann der die Macht haben will, nicht nur über sein Leben, sondern auch über ’seine‘ Freundin. Jeder Frau würde es eiskalt den Rücken hinunter laufen. Wenn ich dies nun mit Gillians Vergangenheit in Verbindung bringe, und ihren Reaktionen darauf, so möchte ich schreiend im Kreis laufen!
 Dieses Buch meint die Autorin so wie sie es geschrieben hat. Es ist kein derber Roman oder ein brutaler (Psycho)Thriller. Es ist, nein es soll angeblich(!) eine Liebesgeschichte sein. Die große Liebe zwischen Gillian und Chase. Sie die sich unsterblich in einen Mann verliebt und langsam ihre Vergangenheit verarbeitet. Er, der Frauen im Schnellschritt wechselt, begründet ebenso in seiner Vergangenheit. Sie beide retten sich gegenseitig, geben sich hin und vertrauen sich ihre Gedanken an.
 (Hier sollte kurz erwähnt werden: Gillians damalige Beziehung wird immer nur minimal angerissen – als sich beide über ihren Schmerz austauschen, wird dies auf wenigen Seiten kurz abgehandelt.)
 Herausgekommen ist jedoch ein Buch, welches ein mehr als verzehrtes Bild einer Beziehung darstellt!
 Frau Carlan, ist das Ihr ernst? Sie beschreiben eine Situation auf den oben genannten Seiten, in denen Chase Gillian gegenüber Übergriffig wird und Punkt? Das wird nicht weiter thematisiert? Er verkriecht sich und sie nimmt Abstand und behilft sich mit einer Shoppingtour? Nein, es wird noch gekrönt indem die beiden einen wunderbar humorvollen Abend verbringen. Dies lässt mich fast sprachlos zurück!
 Wie kann ein Frauenbild geschaffen werden (ob mit oder ohne gewalttätiger Vergangenheit), bei dem sie dem Mann fügig ist?! Das Gehirn bei der kleinsten Berührung nicht mehr funktionstüchtig ist?! Ein Mann Kontrolle ausüben kann, ohne Konsequenzen/Grenzen zu spüren?! Eine Frau die sich in die nächste Kontroll-Beziehung gibt, es ihr auch so im Kopf ergeht, sich jedoch nicht einmal wirklich dazu äußert ~ ein Charakter der nicht für sich selbst einsteht!
 Und die Männer einzig als gieriges Sexsymbol mit dem Zwang zur Kontrolle darzustellen … solch ein Buch im 21. Jahrhundert, das auch noch massenhaft gehypte wird … was soll und kann ich noch dazu schreiben?!

Zu guter Letzt wird das Buch noch abgerundet mit der Verlobung von Gillian & Chase. Denn Ihr wisst ja: Probleme lösen die beiden eben nicht mit Gesprächen, sondern dem aussitzen und totschweigen.
 Die Lösungsstrategie dieser Beziehung: verdrängen = vergessen = Sex (= vergeben)
 Doch dem Retter mit seiner schillernden schweißbedeckten Haut soll ja nicht langweilig werden, am Ende bedrängt auch noch ein Stalker sein Eigentum!

Somit hat die Autorin
– ein völlig verzehrtes Beziehungsbild erschaffen
– das männliche Geschlecht auf Sex reduziert
– Das Frauenbild um Jahrhunderte zurück geworfen
– umfassend alle Klischees des Schönheitsideals vorgeführt
– und obendrauf für einen Cliffhanger gesorgt.
 Das Topping für die Leser ist die Danksagung gegenüber den Schwestern:
„[…] Ich hoffe, ihr erkennt in diesem Buch so viel von Mom wieder wie ich.“ (S. 427)
In Bezug auf meine oben geschriebenen Worte lasse ich das einfach mal für sich und kommentarlos so stehen …

„Wenn man merkt es ist Schrott, muss man es nicht weiterlesen!“ (Zitat: mein Freund)

Recht hat er! In diesem Sinne: Finger weg vom Buch!

Kommentare

E-möbe kommentierte am 08. Februar 2017 um 17:10

Ich habe jetzt schon mehrere Rezensionen über dieses Buch gelesen, und alle (!!!) machen mir Angst, wenn ich daran denke, dass es auch Frauen gibt, die das Machwerk gut finden. Sind die krank oder was? Klasse Rezi, danke.

kommentierte am 08. Februar 2017 um 18:24

Danke dir! Ich hoffe ja sehr auf Trinity-LiebhaberInnen-Kommis, denn ich kann es mir eenfalls nicht erklären! Wie kann man diese Szenen als erotisch empfinden? Und schlimmer noch, wie kann man dieses dargestellte Frauenbild lieben & somit das Buch hypen?

Stefanie-T kommentierte am 08. November 2017 um 15:52

Hallo ihr zwei,

 

also ich bin noch nicht ganz durch mit dem ersten Teil, aber eins muss ich vorweg sagen. Ich habe auch ein wenig mehr erwartet, was die Handlung an sich betrifft. Also dass sie gleich von Anbeginn nur drauf aus ist mit ihm in die Kiste zu springen und das ja auch sehr schnell passiert, finde ich angesichts ihrer Vergangenheit sehr unrealistisch und ich hatte auch ein wenig gehofft, dass sich dieser Teil noch ein wenig zieht, um es spannender zu machen.

 

Ansonsten kann ich eure doch recht krasse Meinung nicht ganz nachvollziehen. Natürlich ist die Protagonistin nicht gerade eine starke Frauenrechtlerin und ist sehr naiv, aber ganz ehrlich, nur weil einem das Buch gefällt, heißt es ja nicht, dass man genau so ist, oder das Bild dieser Frau gut empfindet. Genauso wenig wie ich Männer auf Sex reduzieren würde. Ich finde ja auch Serienkiller nicht gut, nur weil ich gerne Psychothriller lese.

 

Manchmal geht es einfach um Leidenschaft und eine simple Geschichte mit Erotik und auch Sex. Selbstverständlich ist das jetzt kein anspruchsvolles Buch, aber mal ganz ehrlich, welche Frau wünscht sich denn nicht auch einen tollen Liebhaber im Bett? Manchmal möchte man einfach eine solche Geschichte mit Leidenschaft ohne viel Tiefe lesen.

Wie gesagt, teilweise muss ich euch recht geben, aber andererseits finde ich nicht, dass das Buch die Arbeit der Emanzipation zerstört. Das ist ein wenig zu weit hergeholt finde ich. Aber es ist sehr interessant zu lesen, dass es wirklich nur schwarz oder weiß gibt, was dieses Buch angeht. Entweder man liebt es oder man hasst es, zumindest geht das aus den meisten Rezis so hervor.