Rezension

nur die Optik ist ein Mädchentraum ....

Das Juwel - Die Gabe
von Amy Ewing

Bewertet mit 4 Sternen

"Das Juwel" ist wirklich ein Hingucker. Das Cover ist mit Glitzer verziert und auf dem Vorsatzblatt sind viele Infos zum Buch grafisch und schön bunt dargestellt. Optisch werden also Mädchenträume war, doch wie sieht es inhaltlich aus?
Violet Lasting ist im Sumpf aufgewachsen, dem ärmsten Viertel der einzigen Stadt. Doch sie ist etwas Besonderes, denn sie kann durch blosse Vorstellungskraft Dinge verändern und wachsen lassen. Aus diesem Grund wurde sie in die Verwahrungsanstalt Southgate gebracht, in der sie darauf vorbereitet wird, ein Surrogat zu sein. Bei einer Auktion werden all diese Mädchen versteigert um als Leihmutter für die Reichen zu dienen.

Das System und all die Intrigen dahinter sind wirklich grässlich. Gerade als Mutter ist die Idee mit dieser erzwungenen Leihmutterschaft erschreckend - vor allem, weil die reichen Damen ihren Surrogat wie einen Hund an die Leine nehmen und vorführen. So lebt Violet zwar im Luxus des Juwels - doch sie hat weniger Freiheiten als je zuvor. Mich konnte Amy Ewing mit ihrer originellen, aber auch grausamen Idee überzeugen und faszinieren. Die Welt ist gut durchdacht, ich hätte mich jedoch über etwas mehr Hintergrundinformationen gefreut.

Violet ist eine sympathische Protagonistin, denn sie ist sehr bodenständig und wünscht sich eigentlich nichts mehr, als bei ihrer Familie sein und sie unterstützen zu können. Sie möchte unbedingt ein selbstbestimmtes Leben und würde gerne gegen das System aufbegehren. Ab und zu handelt sie jedoch etwas gar unüberlegt und je länger die Geschichte dauert, desto blauäugier wird sie.

Ein richtiger Wermutstropfen ist für mich leider die Liebesgeschichte. Innerhalb kürzester Zeit lernen sich Violet und Ash kennen und dann ist es gleich die grosse Liebe. Für mich ist das nicht wirklich nachvollziehbar und vor allem auch kitschig. Sobald sie Ash kennenlernt, wirft sie jegliche Vorsicht über Bord und handelt immer naiver.
Bei Ash fehlte mir sowieso jegliche Substanz. Zwar hat man das eine oder andere über ihn erfahren, doch er blieb mir zu blass und konnte mich leider gar nicht überzeugen.

Viel besser gefallen hat mir da Violets beste Freundin Raven. Sie ist alles andere als auf den Mund gefallen und tritt sehr selbstsicher auf. Ich hoffe doch, dass sie im zweiten Band etwas mehr Platz bekommt.

Amy Ewing erzählt aus der ich-Perspektive der Protagonistin, wodurch wir ihre Gefühls- und Gedankenwelt schön geschildert bekommen. Ihr Schreibstil ist sehr schlicht, lässt sich dafür aber sehr flüssig lesen.
Zu Beginn wird man gleich in die Geschichte hineingeworfen, so dass man sich Seite um Seite in Ewings dystopische Welt einlesen muss. Dann zieht die Autorin die Spannung immer mehr an und streut regelmässig dramatische Ereignisse ein, so dass es einem bei der Lektüre nie langweilig wird. Im Gegenteil: Man möchte unbedingt alle Fragen klären und gerät dadurch in einen regelrechten Lesesog, der in einem Showdown inklusive Cliffhanger endet. So warte ich schon gespannt auf die Übersetzung von "The White Rose".

Fazit:
"Das Juwel - Die Gabe" ist ein vielversprechender Reihenauftakt, der mich mit einem grausamen System, vielfältigen Intrigen, einem durchdachten Weltenaufbau und einer klasse Optik überzeugen konnte. Die Liebesgeschichte lässt leider zu wünschen übrig, denn sie erscheint mir viel zu erzwungen und unglaubwürdig.
Ich bin aber schon sehr gespannt, wie es im zweiten Band weitergehen wird.