Rezension

(nur) eine Einführung in den Persönlichkeitstypus der Ozeanseelen

Meine Seele ist wie ein Ozean
von Walter Nitsche

Bewertet mit 3 Sternen

"So wie wir auf der Erde noch Tausende von unterschiedlichen Meeren und Seen vorfinden (vom Kaspischen bis zum Toten Meer, vom Mittelmeer bis zum See Genezareth, vom Baikalsee bis zum Bodensee) so vielfältig sind die menschlichen Grundtypen ...

Wie sich auch Bergseen und Ozeane nicht starr einteilen lassen, und wie die Erde unterschiedliche Seen und Meere aufweist, gibt es derart unterschiedliche Grundtypen, dass jede starre Einordnung am Kern dieser Typologie vorbeigehen würde. Daher halten Sie fest: Sie sind ein Original, das es auf dieser Erde nur einmal gibt. Machen Sie sich das bewusst!" 

 

 

"Die Ozeanseele" in der eigenen Persönlichkeit entdecken und die Antwort auf die Frage "Warum versteht mich als Ozeanseele keiner?!" haben mich neugierig auf dieses Buch gemacht. Vielleicht auch deshalb, weil ich das Meer so sehr liebe und mich davon magisch angezogen fühle und, weil mich das Thema Persönlichkeitsentwicklung aus psychologischer Sicht schon lange interessiert. 

Auch das Cover hat mich gleich zu Beginn angesprochen: man sieht toßende Wellen auf dem offenen Meer, hinter bzw. unter denen man (noch) nichts erkennen kann; hinterdem sich aber sicher viel Aufregendes und Schönes verbirgt. Dort habe ich mich mit meinen vielen (zum Teil unbeantworteten) Fragen sofort wiedergefunden.   

 

Das Buch beginnt mit einer Danksagung, in der unter anderem auch Menschen zitiert werden, die über ihre Erfahrungen im (Erst-)Kontakt mit dieser Thematik sprechen. Das hat mir gut gefallen. 

In der folgenden Einführung und den ersten Kapiteln geht es dann um das typologische Konzept (die verschiedenen Grundtypen) und um eine Kennzeichnung der Bergsee- und Ozeanseelen. 

Was ich sehr schade fand, war, dass dabei vieles nur angerissen wird. In Kapitel 4 schreibt der Autor dann auch, dass er sich in diesem Buch hauptsächlich mit den Ozeanseelen beschäftigen wird. Das ist an sich auch ok, weil mich genau diese "Ozeanseele" interessiert hat als ich mich für das Buch entschieden habe. Aber auch hier gibt es scheinbar eine Vielzahl an facettenreichen Unterteilungen, die im Buch wieder nur angerissen werden. Auch spätere Lösungswege oder Tipps für den Umgang mit Menschen dieses Typus (oder auch für sich selbst, sollte man sich darin wiederfinden) sind eher nur Verweise auf aufbauende Seminare und Kurse. 

DAS ist meine größte, hoffentlich konstruktive Kritik an diesem Buch: die Zielgruppe ist nicht offensichtlich benannt. Ich habe mir darüber während und auch nach dem Lesen viele Gedanken gemacht. Ist es eher ein Fachbuch für (angehende) Seelsorger oder auch für das Selbststudium der eigenen Persönlichkeit gedacht? Bei Ersterem fände ich die, sich wirklich oft wiederholenden Verweise auf weiterführende Seminare durchaus verständlich (wenn auch im Lesefluss störend). Bei Zweiterem geht das Buch einfach nicht tief genug und ließ mich persönlich fragend und etwas enttäuscht zurück. 

 

Dabei enthält das Buch wirklich interessante, wenn auch für mich oft bekannte psychologische Aspekte. Es geht um den Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen, die oft (manchmal vorschnell) als "kompliziert", "nicht normal" oder sogar "gestört" bezeichnet werden könnten. C. G. Jung spricht vom "Ambivalenz- und Kollektivtypus", Walter Nitsche von "Bergsee- und Ozeanseelen". Im Prinzip ist es eine andere Umschreibung verschiedener Persönlichkeitstypen, bei der auch auf eine mögliche zurückliegende Fehlprägung und auf ganzheitliche Verletzungsarbeit eingegangen wird, die ich durchaus ansprechend und bereichernd empfinde. Vor allem, weil sie sehr bildhaft ist. Der Autor spricht zum Beispiel von Monsterwellen, Quallen, Vulkanausbrüchen und Vereisung, die ich sofort vor meinem inneren Auge visualisieren konnte. Doch auch hier fehlt mir ein klein wenig der wissenschaftliche Anspruch an ein Sachbuch, weil immer wieder auch wertend interveniert wird und dem nicht fachlich versierten Leser glaubend gemacht wird: "Egal wie du bist, du bist ok so wie du bist". Bitte versteht mich nicht falsch. Ich finde diese Botschaft wirklich wichtig. Aber nicht jede "Andersartigkeit" oder "seelische Auffälligkeit" ist einfach nur facettenreich, sondern kann durchaus auch krankhaft sein. Hier hätte ich mir eine klarere Abgrenzung gewünscht. 

 

 

Fazit:

Eine andere und durchaus interessante Sichtweise auf die Facetten der unterschiedlichen Persönlichkeitstypen, die persönlich, aber vor allem für die Arbeit von Seelsorgern ergänzend und bereichernd sein kann. Besonders schön fande ich dabei die bildhafte Visualisierung und die zahlreichen persönlichen Kommentare von Seminarteilnehmern, die die ganze Thematik sehr belebt haben.