Rezension

Nur für die Rache kann man nicht leben

Eis bricht - Raimon Weber

Eis bricht
von Raimon Weber

n Raimon Webers Thriller „Eis bricht“ erlebt Henning Saalbach, wie langsam die Zeit vergehen kann. Zwölf lange Jahre hat er gewartet. In wenigen Tagen wird der Mörder seines achtjährigen Sohnes Marc aus der Haft entlassen. Eines Abends vor zwölf Jahren ist Henning mit seiner Frau Judith bei Carsten Brunner, einem einflussreichen Mann beim ZDF, eingeladen. Marc bleibt allein im Haus zurück. Henning, ein erfolgreicher Drehbuchautor, vergisst eine Mappe mit den Entwürfen für die ersten Folgen einer neuen Fernsehserie und kehrt nach Hause zurück. Dort findet er seinen tödlich verletzten Sohn. Jede Hilfe kommt für ihn zu spät. Er stirbt in seinen Armen. Henning kämpft mit dem Mörder und erkennt ihn. Es ist Erwin George. Er bekommt 12 Jahre wegen angeblichen Totschlags. Danach ist für Henning nichts mehr so wie früher. Seine Ehe zerbricht, er kann nicht mehr arbeiten, wird depressiv, beginnt langsam zu verwahrlosen und verfällt dem Alkohol. Er fiebert dem Tag entgegen, an dem George entlassen werden soll, denn dann bekommt der Mann endlich seine gerechte Strafe: den Tod. „Es ist das Einzige, was mich in der ganzen Zeit am Leben gehalten hat. Ohne dieses Ziel hätte ich mich längst aufgehängt.“ (S. 54) Und dieser Tag ist jetzt gekommen. Öfters fährt Henning zum Gefängnis nach Werl, wo er vor elf Jahren den Justizvollzugsbeamten Thorsten Koch kennengelernt hat, der ihn die letzten Jahre über den Gefangenen auf dem laufenden gehalten hat. Koch ist es, der Saalbach mit seinen Freunden bekannt macht, die sich als „Humanisten“ bezeichnen und ihm eine Waffe besorgen. Obwohl alles gut vorbereitet ist, läuft an dem Tag der Entlassung von Erwin George alles aus dem Ruder, und es kommt anders als gedacht.
„Eis bricht“ von Raimon Weber liest sich gut. Der Autor hat einen ungewöhnlichen Thriller geschrieben, den man auch als Kriminaldrama bezeichnen kann. Die Figur des Henning Saalbach ist sehr authentisch, sein geplantes Vorhaben glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt. Erzählt wird anfangs auf zwei Zeitebenen, einmal in der Gegenwart, in der der Protagonist heute lebt und in der Vergangenheit vor 12 Jahren, bis die Geschichte dann in der Gegenwart bleibt. Die Übergänge sind gut gewählt, und auch das Ende der Story ist für den Leser unvorhersehbar. Die Geschichte ist packend erzählt und bietet zwar düstere, aber interessante Unterhaltung. Ich empfehle das Buch gerne weiter.