Rezension

Oberflächlich und langatmig

All die verdammt perfekten Tage
von Jennifer Niven

Theodore Finch lernt Violet auf dem Glockenturm der Schule kennen. Sie starrt paralysiert in die Tiefe und er kann sie vor dem Sturz in den sicheren Tod bewahren.

Violet hat ihre Schwester erst vor einigen Monaten bei einem Verkehrsunfall verloren. Sie ist einsam, weicht Lehrern und Eltern aus, versteckt sich hinter ihrer Trauer und steuert auf die komplette Apathie zu.

Theodore kann sie überzeugen, mit ihm gemeinsam an einem Schulprojekt zu arbeiten, das sie zu entlegenen Winkeln von Indiana führt.

Violet beginnt Vertrauen in Finch, wie ihn alle nennen, zu fassen und sich wieder dem Leben zu öffnen. Mit jedem Stückchen Lebensfreude, das sie sich zurückerobert, scheint Finch jedoch genau diese Lebensfreude zu verlieren.

„All die verdammt perfekten Tage“ ist ein Jugendroman im Fahrwasser von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter, eine Liebesgeschichte zweier junger Menschen, die an der Schwelle zum Erwachsen werden stehen und drohen zu scheitern.

Finch ist ein Eigenbrödler, ein seltsamer Kauz – kurz ein richtiger Nerd. Er ist die Zielscheibe von Hohn und Spott an der Schule, scheint sich aber kaum etwas daraus zu machen. Er spielt mit unterschiedlichen Charakterzügen, so wie andere Menschen ihre Kleider wechseln. Finch hat ein schwieriges Elternhaus und ist sich oft selbst überlassen. Es mangelt ihm an Vorbildern, zu denen er aufsehen und sich orientieren kann.

Violet ist genau das Gegenteil, bis zum Tod ihrer Schwester war sie beliebt, ein Cheerleader aus einem geordneten Elternhaus. Sie gerät ins Straucheln und Theodore Finch scheint nicht unbedingt geeignet sie langfristig aus dem tiefen Loch zu befreien zu können, in dem sie seit dem Tod ihrer Schwester steckt.

Die Geschichte an sich, folgt einer nachvollziehbaren Idee. Leider springt der Funke für mich nicht so wirklich über. Finchs‘ Vergangenheit bleibt über weite Strecken im Dunkeln, was ihn tatsächlich so zerstört, finden die LeserInnen nicht heraus. Somit bleiben auch viele seiner Handlungen unverständlich.

Die zahlreichen wortschweren Zitate, die die Autorin für die Nachrichten nutzt, die Finch und Violet sich schreiben, geben dem Roman leider nicht mehr Tiefe sondern führen ihn in den Bereich der Pseudophilosophie. Es scheint, dass jedes Gespräch zwischen den ProtagonistInnen zum einzigartigen Moment hochstilisiert wird und das wirkt spätestens ab der Hälfte des Romans nur noch ermüdend.

Der Fort- und später Ausgang der Geschichte ist bald klar und kommt dann wenig überraschend daher, was auch dazu beiträgt, dass sie sich wie Kaugummi zieht.

Leider kann ich hier keine wirkliche Leseempfehlung aussprechen.