Rezension

originell, melancholisch und sehr lesenswert

Moonglow
von Michael Chabon

Bewertet mit 4 Sternen

Mit „Moonglow“ legt Michael Chabon ein sehr ungewöhnliches Buch vor. 
Er erzählt die Geschichte seines Großvaters, der ein höchst origineller Mensch gewesen ist, ein Eigenbrötler, genialer Ingenieur, Jude, amerikanischer Spion im Zweiten Weltkrieg, Ehemann einer psychisch labilen Französin, mal ein Draufgänger, dann wieder sehr introvertiert.
Kurz bevor er stirbt, spricht er plötzlich, dieser Mann, der stets seine Geheimnisse bewahrt hat und so folgt dieses Buch seinen Erinnerungen, die hin und her schweifen durch sein ganzes Leben. 

Michael Chabon erzählt spannend, einfühlsam, humorvoll und sehr ausführlich, manchmal vielleicht etwas zu detailverliebt. Er wirft mit treffenden Beschreibungen nur so um sich, was höchst amüsant ist, auf Dauer aber doch ein klein wenig die Geduld strapaziert. 
Auf jeden Fall schafft das aber eindrucksvoll Atmosphäre. 

Die verschiedenen Episoden schließen sich zu einer anrührenden Familiengeschichte, die zeigt, wie schreckliche Kriegserlebnisse noch Jahrzehnte später ein Leben beeinflussen können. Eine melancholische Stimmung durchzieht das Buch von der ersten bis zur letzten Seite genauso wie die Faszination des Großvaters für Raketen. 

Schon immer hat er sich für Technik begeistert insbesondere für die Raumfahrt. Auf einer Mondsiedlung müsste man leben, fernab der Welt, das ist sein Traum, und dafür braucht man Raketen, die einen dort hin transportieren, die aber gleichzeitig im Krieg als Waffen eingesetzt werden können. Sollte man unter diesen Voraussetzungen deren Entwicklung vorantreiben? Und wenn sie dann entwickelt werden und tatsächlich der erste Flug zum Mond auf Technik beruht, die Wernher von Braun ersonnen hat, ein Mann mit finsterer Nazivergangenheit, kann man sie dann bewundern? 
Kann man eine Frau lieben, die einen ein Leben lang belogen hat und kann man den Mondschein bewundern, selbst wenn der Mond gar nicht aus eigener Kraft leuchtet? 

Alles hat zwei Seiten und manchmal kann man sich entscheiden, welche davon man sehen möchte. Das nimmt man mit aus diesem wunderbaren Buch, ein klein wenig Trauer, das Gefühl, eine originelle Familie kennengelernt zu haben, einen Hauch Zauber und Moonglow.