Rezension

Ostseeblues

Das Küstengrab
von Eric Berg

Bewertet mit 2 Sternen

An der Ostseeeeeeeeküste, bam, bam, bam, bam, bam, am ostdeutschen Strand ... sind die Fihische im Wasser, die Leichen an Land. Oder so. Ich hoffe, ihr habt alle mitgesungen und Spaß gehabt? Gut. Das ist ja schon mal was. Ich muss nämlich gestehen, ich hatte beim Lesen nicht sonderlich viel Spaß. Dabei war eigentlich alles vorhanden, um in mein Beuteschema zu passen:

Eine Frau hat einen schweren Unfall und verliert das Gedächtnis. Vier Monate später will sie herausfinden, wie es zu dem Unfall kam und kehrt zurück nach Poel, dieser kleinen Insel vor Wismar, dort, wo die Luft noch nach Sozialismus schmeckt, und das fast 24 Jahre nach dem Mauerfall. Lea, so der Name der Frau, hat viele Fragen: Wie kam es zu dem Unfall, bei dem ihre Schwester starb und sie nur knapp überlebte? Was ist damals, kurz nach der Wende, mit Julian, ihrer Jugendliebe, geschehen? Wie kommen die alten Freunde aus der Kinder- und Jugendclique klar - und warum sind die einen so feindselig zu ihr, während die anderen sie mit offenen Armen begrüßen? Wie kommt es, dass sie ständig glaubt, einen Totgeglaubten zu sehen? Und ist es möglich, dass ihre alten Freunde mauern, weil vor vier Monaten etwas Schreckliches über sie hereingebrochen ist? Fragen über Fragen, und ihr Gedächtnis lässt sie im Stich.

Wie gesagt, das ist absolut meins. Ostsee, Mord, Mysterium - man sollte meinen, da kann nicht viel schief gehen. Doch, kann es. Zum einen finde ich den Schreibstil des Autors anstrengend. Zwischenzeitlich verliert er sich in endlosen Beschreibungen und Vergleichen, in ewigen innerlichen Monologen der Protagonisten, die - da von verschiedenen Seiten dieselben Sachverhältnisse beleuchtet werden -, eintönig und immer wiederkehrend gestaltet sind. Die Protagonisten sind bis auf ein oder zwei Ausnahmen äußerst unsympathisch und seltsam blutleer und ohne Tiefe. Ihre Reaktionen sind für mich selten nachvollziehbar: Keiner von ihnen scheint irgendeinen der anderen wirklich zu mögen, trotzdem wird ständig versichert, dass sie Freunde waren und sind. Weil wir uns ja an der erzkommunistisch-sozialistischen Ostsee befinden, tauchen die schrecklichen ewiggestrigen Ultrasozialisten auf, die natürlich nur bösartig, dumm oder schleimig sind - ich sage nur: hackenschlagende Untertänigkeit. Ich bitte um Verzeihung, wenn mir so etwas nur ein gequältes Seufzen entlockt.

Die Auflösung des Ganzen erscheint mir diffus, Mörder und Mordmotiv nicht logisch. Ich komme bei Beendigung der Lektüre auf den Gedanken, dass schöne Menschen intelligenter und besser sind als andere und außerdem auch nicht nach denselben Strafmaßen bemessen werden dürfen wie die Hässlichen, die sowieso gemein und niederträchtig sind.

Fazit: Kein Spannungsaufbau, keine Sympathieträger, keine Lust, noch mal zu singen.