Rezension

Packende Vorgeschichte zu Drecksspiel

Engelsgleich
von Martin Krist

Inhalt:

Auf einem stillgelegten Fabrikgelände wird die Leiche einer jungen Frau entdeckt. Bei näherer Untersuchung der Umgebung des Tatorts entdecken Kommissar Paul Kalkbrenner und sein Team in einem nahen Kloakebecken elf weitere Leichen junger Frauen und Männer. Sie wurden misshandelt, brutal ermordet und anschließend entsorgt. Ist unter ihnen auch die 15jährige, als vermisst gemeldete Merle? Sie wollte zu einer Freundin, doch dort kam sie nie an. Juliane Kluge sucht verzweifelt nach ihrer Pflegetochter, doch seit ihrem Verschwinden fehlt jede Spur von ihr…

Meine Meinung:

Schon nach den ersten paar Kapitel zieht das Buch den Leser vollkommen in seinen Bann. Es gibt viele verschiedene Erzählstränge, die am Anfang nichts mit einander zu tun zu haben scheinen und zwischen denen der Autor geschickt an den spannendsten Stellen hin und her wechselt. Diese sorgen für Abwechslung und dafür, dass man das Buch kaum mehr aus der Hand legen kann. Das Tempo ist schnell, dem Leser wird kaum eine Verschnaufpause gewährt, weshalb die gut 500 Seiten wie im Flug vergehen und keine Langeweile aufkommt. Die Spannung steigert sich im Verlauf immer weiter, bis sie auf den letzten 100 Seiten ihren Höhepunkt erreicht.

Die Charaktere sind authentisch und glaubhaft dargestellt. Einige waren mir mehr, einige weniger sympathisch. Besonders Markus hat mir sehr gut gefallen. Er hat immer einen passenden Spruch auf den Lippen, ist ein herzensguter Mensch, was man vor allem im Umgang mit seinem Neffen sieht, und macht Fehler, was ihn sehr menschlich wirken lässt. Aber auch Kommissar Kalkbrenner besticht durch seine Art, auch, wenn er sich manchmal schwer tut, die richtigen Worte zu finden und seine Vorgesetzten das ein oder andere Mal zur Weißglut bringt.

Julis Erzählung von ihrer Suche nach ihrer Pflegetochter Merle fand ich sehr bewegend und emotional. Was kann einer Mutter schlimmeres passieren, als dass ihre geliebte Tochter spurlos verschwindet, es keinen Anhaltpunkt für ihren Verbleib gibt und alle anderen sie mit der Suche alleine lassen, weil sie denken, das Mädchen wäre „bloß“ ausgerissen und tauche irgendwann von alleine wieder auf? Es ist traurig mit anzusehen, wie Juli sich immer mehr hineinsteigert und ihr eigenes Leben dabei aufgibt…

Die verschiedenen Handlungsstränge werden im Verlauf immer stärker miteinander verwoben, Zusammenhänge ergeben sich oder werden klarer, bis am Ende ein stimmiges, überzeugendes Gesamtbild entsteht. Dank einigen ungeahnten Wendungen bleibt es bis zur allerletzten Seite spannend und undurchschaubar. Das Ende ist spektakulär und traurig zugleich, denn leider gibt es nicht für alle ein Happy End…

Der Autor hält dem Leser die schonungslose Wahrheit über schockierende Themen wie Kinderprostitution und -missbrauch vor Augen und erinnert gleichzeitig daran, dass dies auch mitten unter uns stattfindet. Mit Engelsgleich ist ihm ein Thriller gelungen, der dem Leser nicht nur Nervenkitzel beschert, sondern ihn auch fassungslos und nachdenklich zurück lässt.

Fazit:

Ein spannender, schockierender Thriller, der Dank ungeahnter Wendungen, einer Vielzahl von gekonnt platzierten Clifhangern und verschiedener Handlungsstränge, die am Ende perfekt in einander greifen, von der ersten bis zur letzten Seite fesselt und begeistert.