Rezension

Penibel recherchiert

Die Spanische Grippe - Harald Salfellner

Die Spanische Grippe
von Harald Salfellner

Bewertet mit 5 Sternen

Autor Harald Salfeller ist Mediziner und das merkt in seinem Buch über die Spanische Grippe, jener Pandemie, die zwischen 1918 und 1920 in drei großen Wellen über den Erdball gerast ist und bis zu 100 Millionen Tote gefordert hat.

Der Autor hat einen hohen Aufwand bei seinen Recherchen betrieben und untermauert seine Thesen mit einer Fülle von Zitaten und Bildmaterial. Dabei erklärt er medizinische Gegebenheiten ohne die den Fachleuten oft anhaftende Überheblichkeit in ihr eigenes Wissen. Er erklärt, analysiert und gibt Beispiele.

Der Mediziner Salfellner spricht auch die Hilflosigkeit der Ärzte an. Niemand weiß, woher die tödliche Pandemie wirklich kommt. Spanien ist es nämlich nicht. Der eine oder andere genaue Beobachter entdeckt Zusammenhänge mit Menschenansammlungen, mit der engen Symbiose Vögel – Schweine – Menschen. Wird die Krankheit durch Haustiere verursacht und verbreitet? Es entstehen krude Gerüchte. Eines davon besagt, „den Soldaten fehle der Verkehr mit dem weiblichen Geschlecht, so käme es zum Rückstau pathogener Stoffe.“ (S. 58).

Es gibt kein wirksames Heilmittel. Wie auch, man kennt ja die Erreger nicht, nur Bakterien, die ein Vielfaches größer als Viren sind. Das ruft natürlich alle möglichen Wunderheiler und Quacksalber auf den Plan. Als entdeckt wird, dass Syphiliskranke nicht oder nur leicht erkranken, nehmen die Menschen Quecksilber haltige Präparate ein und vergiften sich damit. Der „gute, alte“ Aderlass feiert eine fröhliche Renaissance.

Wir erfahren einiges über Einzelschicksale und die Bedeutung dieser Pandemie, die nicht alte oder junge Menschen getötet hat, sondern und vor allem Männer und Frauen zwischen 20 und 40. Was dieser Ausfall einer ganzen Generation bedeutet, die weder eine Familie gründen noch ihren Beitrag zur Volkswirtschaft ihres Landes beitragen konnte, wird ebenfalls angerissen.

Mich persönlich hat die Akribie mit der Salfellner die Archive nach aussagekräftigen Fotos durchstöbert hat, beeindruckt. Es sterben ja nicht nur namenlose Massen, sondern auch bekannte Schauspieler, Dichter wie Edmond Rostand oder Maler Egon Schiele. Auch Woodrow Wilson erkrankt während der Friedensverhandlungen zum Ersten Weltkrieg an der Spanischen Grippe. So gibt es die gewagte (?) Hypothese, dass er geschwächt durch die Krankheit, seine maßvollen Bedingungen für einen Friedenschluss mit den Mittelmächten, dem französischen Premier Clemenceau nicht durchsetzen konnte. 

Fazit:

Ein rundum gelungenes Werk, dass sich durch die sorgfältige Recherchearbeit auszeichnet. Dafür vergebe ich eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Sterne.