Rezension

Portrait eines faszinierenden Lebens ​

Olga - Bernhard Schlink

Olga
von Bernhard Schlink

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt
„Olga“ erzählt die Geschichte einer gleichnamigen Frau, die Ende des 19. Jahrhunderts geboren wird und über die folgenden Jahrzehnte hinweg viel erlebt. Sie findet ihre große Liebe, der gesellschaftliche Konventionen im Weg stehen, erlebt zwei Weltkriege mit, eckt mit ihrer selbstbewussten und unabhängigen Art an und prägt das Leben ihrer Mitmenschen.

Meinung
„Olga“ wurde mir von meiner besten Freundin empfohlen und von mir aus hätte ich vermutlich auch nie zu dem Buch gegriffen, allein deswegen, weil von einem Klappentext alleine her nicht verständlich ist, worum es überhaupt geht, was dieses Buch eigentlich ist. Um den Roman vollends zu verstehen, muss man es vermutlich einfach lesen.

Tatsächlich fällt mir noch immer zur Beschreibung dieses Buches kaum ein anderer Satz ein als „‚Olga‘ erzählt die Lebensgeschichte von Olga“.
Die Geschichte ist dabei in drei Abschnitte eingeteilt. Der erste fasst Olgas Leben von ihrer Kindheit bis zum späten Erwachsenenalter zusammen. Dabei verweilt der Erzähler viel in ihrer Kindheit und Jugend und überspringt andere Abschnitte ihres Lebens eher. Der zweite Abschnitt wechselt, obwohl vermutlich vom selben Erzähler erzählt, die Perspektive ein wenig und konzentriert sich auf einen ganz bestimmten Abschnitt von Olgas Leben und den Einfluss, den sie auf das Leben eines ganz bestimmten Menschen hatte. Der letzte Abschnitt besteht nur aus Briefen, die ebenfalls wieder einen neuen Blick auf die Figur eröffnen.

Durch diesen Aufbau enthält das Buch natürlich keinen klassischen Spannungsbogen und wirkt auch nicht, als würde es auf ein bestimmtes Ereignis, eine bestimmte Botschaft hinarbeiten. Auch der Schreibstil ist manchmal etwas hochgestochen (als hätte Schlink so schreiben wollen, wie man zum Zeitpunkt, an dem das Buch spielt, gesprochen hat) und der Einstieg daher etwas mühsam.
Dennoch unterhält der Roman, wenn man erstmal reingefunden hat, erstaunlich gut und es lohnt sich auf jeden Fall, ihn bis zum Ende zu lesen. Denn man lernt Olga mit jeder Seite, jeder Perspektive und jedem Abschnitt besser kennen und ist immer wieder überrascht von Facetten, die man von ihr noch nicht kannte.

Olga ist eine faszinierende Figur, die trotz der eher distanzierten Einstellung des Erzählers sympathisch ist. Sie ist intelligent und kämpft für das, was sie will. Gleichzeitig ist sie angenehm und fast schon ironisch unpolitisch in einer Zeit, in der es so viele politische Unruhen gibt. Ihre bodenständige Einstellung und ihr Misstrauen allen abstrakten „großen Zielen“ gegenüber macht sie sehr sympathisch.
Spannend ist auch zu lesen, wie sie mit ihrer speziellen Art auf die Menschen in ihrem Leben, vor allem Männer, Einfluss genommen hat.
Probleme hatte ich lediglich mit ihrer Beziehung zu Herbert, die ich leider überhaupt nicht nachvollziehen konnte.

Fazit
„Olga“ ist durch den ungewöhnlichen Aufbau und die Tatsache, dass es lediglich das Leben einer einigen Figur beschreibt, mit Sicherheit ein ungewöhnliches Buch, doch wenn man sich für fiktive Biografien und starke Frauenfiguren erwärmen kann, wird man Gefallen daran finden.