Rezension

Potential nicht voll ausgeschöpft

Nur einen Horizont entfernt
von Lori Nelson Spielman

Bewertet mit 4 Sternen

Gute Grundidee, ungeschickte Umsetzung

Schon in der Buchhandlung habe ich mich auf das Lesen gefreut. Normalerweise bin ich keine Coverkäuferin, aber dieses Cover gefiel mir total gut. Interessante Farbgebung, tolle Motive! 
Stilistisch ist der Roman zwar simpel, aber doch lesenswert geschrieben. Und manchmal darf es eben auch gute (!) chicklit sein, ein wenig Glaube an das Gute im Menschen, meinetwegen ein Hauch Eskapismus. 

"Nur einen Horizont entfernt" konnte meine Leseerwartung jedoch nicht erfüllen. Eigentlich mochte ich einzelne Elemente der Erzählung, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich Spielman beim Schreiben immens schwer tat. 

Dass die Geschichte etwas von einem Märchen hat - geschenkt. Auch über den esoterischen Anteil der story (Versöhnungssteine) wollte ich hinwegsehen, obschon ich der Meinung bin, dass es, wenn man sich an gewisse Werte & Normen (10 Gebote hint hint) hält, keiner Versöhnungssteine bedarf. Oder neudeutsch: Was du nicht willst, das man dir tu, das füge auch keinem anderen zu. 
Oder: Fies sein führt zu nichts. 

Nun gut. Ich hatte einfach das Gefühl, dass der Roman nicht rund ist, dass teils untertrieben und teils übertrieben wurde, es gibt eine starke Nähe zum Kitsch und Inkongruenz. 

Die Journalistin H. Farr erhält von ihrer Erzfeindin aus Schulzeiten ein Beutelchen mit Versöhnungssteinen. Mit einem soll ihr Hannah das jahrelange mobbing vergeben, mit dem anderen das Verhältnis zu ihrer Mutter kitten. 

Als Scheidungskind war Hannah einst in eine Schlammschlacht geraten & mit dem neuen Partner der Mutter, Bob, verstand sie sich nicht. Soll Hannah es wagen und sich mit ihrer Mutter versöhnen? 

Wie gesagt, einzelne Elemente mochte ich, etwa Jade, die Maskenbildnerin, Hannahs Besuche im Seniorenheim und ihre Freundinnen, Hannahs Leidenschaft für das Backen und das setting. Oder auch die Illustration des Konkurrenzdrucks auf der Arbeit, mit dem sich Frau auseinandersetzen soll, der Schönheitswahn und das ewige Warten auf eine feste Bindung. 
Aber die story an sich war einfach zu dünn und die Figuren bleiben 
blass oder eben Typen - fieser Karrieretyp, menschlicher Winzer, alternde Southern Belle , getriebene Karrierefrau. Die Figuren sind nicht rund. Die Protagonistin ist einerseits naiv und andererseits realistisch, und sie vergibt ihrer einstigen Widersacherin doch recht schnell. 
Gar nicht hat mir die Mißbrauchsthematik gefallen, der Versuch, das Ambivalente, Schlimme, darzustellen, gelingt der Autorin eben nicht. 
Auch die Tatsache, dass der Beau Hannahs aus ihrem direkten Umfeld stammt, gefiel mir nicht. 

Der Ansatz und die Grundidee sind nicht schlecht, die Ausarbeitung ist aber leider mangelhaft. Da wäre mehr drin gewesen! Kann sein, dass eine Schreibblockade oder eine deadline für das Endergebnis verantwortlich sind. Alles wirkt ein wenig forciert. Trotzdem war der Roman spannend zu lesen, ich denke, manchmal haut es eben nicht hin. Leider kann ich für diese Leistung keine 5 Sterne geben, aber total schlecht ist der Roman auch nicht. 
Ich werde der Autorin noch eine Chance geben. 

Fazit: 

Nicht übel, aber leider nicht zu 100 Prozent überzeugend.