Rezension

Psycho? Ja. – Thriller? Jein.

Scherbenseele
von Erik Axl Sund

“Scherbenseele” von Erik Axl Sund ist der erste, in sich abgeschlossene Band der Kronoberg-Trilogie und umfasst in der Printversion 416 Seiten. Dieser Psychothriller ist am 08. September 2015 im Goldmann-Verlag erschienen und als Paperback, Ebook sowie als Hörbuch erhältlich.

Die Geschichte ist in vier Phasen (“Schock”, “Reaktion”, “Verarbeitung” und “Neuorientierung”) und in zahlreiche, unnummerierte, kurze Kapitel unterteilt, die mit den Namen der Romanfiguren und den jeweiligen Orten der Handlung überschrieben sind. Die Geschichte wird aus der Position eines Erzählers wiedergegeben, der sowohl Einblicke in die konkrete Handlung sowie auch in die Gedanken der Personen hat. Ausnahmen stellen die Kapitel dar, die mit „Schwarze Melancholie“ und mit “Fahr zur Hölle” überschrieben sind. Denn diese sind aus der Perspektive des Antagonisten in der Ich-Form erzählt. Da die Kapitel recht kurz sind und manchmal nur aus einer Seite bestehen, sollte man schon konzentriert lesen. Denn ansonsten kann man schnell den Überblick verlieren.

Eine Welle bizarrer Selbstmorde
Der Kern der Handlung ist die Welle bizarrer Selbstmorde. An den unterschiedlichsten Orten Schwedens nehmen sich Jugendliche auf ungewöhnliche, grausame Weise das Leben. Doch es gibt eine Sache, die alle gemeinsam haben: Während der Tat hören sie düstere Musik eines Interpreten namens “Hunger” auf alten Musikkassetten.
Zeitgleich wird in Stockholm der erste von mehreren einflussreichen Männern ermordet. Diese Morde laufen parallel als Nebenhandlung bis Kommissar Jens Hurtig sie mit den Selbstmorden in Verbindung bringt. Zudem gibt es noch weitere Nebenstränge: die Entwicklungen der Bibliothekarin Aiman, die einigen aus der Victoria Bergmann-Trilogie bekannt sein dürfte, und des Künstlers Isaak, der ein guter Freund des Kommissars Hurtig ist, sowie die Entwicklung der Selbstmordkandidatin Vanja und ihrer Adoptivfamilie. Diese Stränge werden im Laufe der Geschichte teilweise miteinander verwoben.

Achtung – Triggergefahr!
Wie die Autoren ja schon in einem Video erwähnten, handelt der erste Band der Trilogie von “schwarzer Melancholie” und das kann ich wirklich so unterschreiben. Die Atmosphäre des Buches ist definitiv finster, bedrückend und melancholisch. Was aber auch nicht weiter verwunderlich ist, da der Roman sich auch nur mit düsteren Themen befasst: Selbst(Mord), Tod, Schmerz, Depressionen, Drogen, Hass und Wut. Zudem geht es um Jugendliche, die sich selbst verletzen (ritzen) und sich mit Selbstmordgedanken quälen. Besser gesagt, sie denken nicht nur darüber nach – sie tun es. Und das machen sie auf grausame und abscheuliche Weise. Wer also zartbesaitet ist, sollte daher von diesem Thriller Abstand nehmen, da die Selbstmorde ziemlich bildhaft beschrieben werden. Ebenfalls möchte ich noch darauf hinweisen, dass aufgrund der Thematik auch Triggergefahr besteht.

Psycho? Ja. – Thriller? Jein.
Durch die kurzen Kapitel und der ständig wechselnden Erzählperspektive wird Spannung aufgebaut. Nicht nervenaufreibend, aber durchaus fesselnd. Auch wenn manch einer dieses Buch nicht als Thriller bezeichnen würde, Psycho ist es allemal. Dafür sorgt zum einen schon das wirre und psychotische Gerede des Antagonisten und zum anderen spielt das Autorenduo mit dem Verstand des Lesers. Zumindest hat es bei mir funktioniert. Ich war während des Lesens total verwirrt und wusste nicht, was ich noch glauben sollte. Ich hatte Fragen über Fragen. Spekulierte hier und mutmaßte dort. Und trotzdem lag ich oft daneben und wurde immer wieder überrascht und schockiert. Besonders der Showdown hat es in sich und ließ mich sprachlos zurück. Denn mit dieser Entwicklung hätte ich nun gar nicht gerechnet.

Fazit:  Es war düster, bedrückend und melancholisch, so wie ich es von skandinavischen Autoren gewohnt bin und auch liebe. Das Spannungslevel hätte gerne noch etwas höher sein können, aber nichtsdestotrotz war es für mich ein gelungenes und aufregendes Leseerlebnis.