Rezension

Psychothriller?

Glücksmädchen - Mikaela Bley

Glücksmädchen
von Mikaela Bley

Bewertet mit 3 Sternen

Als die achtjährige Lycke mitten in Stockholm an der Tennishalle spurlos verschwindet, wird dies zunächst einmal mit den Worten: Sie ist nur weggelaufen, abgetan. Doch die Stunden vergehen und Lycke taucht nicht wieder auf und als dann ihr Rucksack aufgefunden wird, wird doch intensiv nach dem Mädchen gesucht. Auch TV4 ist auf das Verschwinden des Mädchens aufmerksam geworden und schickt ihre Polizeireporterin Ellen Tamm zur Berichterstattung. Doch Ellen fühlt sich in ihre eigene Kindheit zurückversetzt, als ihre Zwillingsschwester tödlich verunglückte. Bis heute macht sie sich selber Vorwürfe deswegen und sie beginnt nun, nach Lycke zu suchen, als könnte dies ihre angenommene Schuld von damals begleichen.
Meine Meinung:
 Zunächst einmal muss ich sagen, dass der Einstieg ins Buch durchaus sehr gelungen ist, denn es beginnt gleich mit Lyckes Verschwinden. Der Schreibstil ist flüssig, verständlich und auch gut lesbar, doch nachdem ich zu Beginn noch durchaus gespannt war, wurde das Tempo der Story deutlich gebremst. Man erfährt zwar viel über Lyckes Familie und ich hatte durchaus Mitgefühl mit dem Mädchen und auch über die TV Reporterin erfuhr ich einiges, aber mir fehlte hier irgendwie spannende Ermittlungen oder Wege, die mich in die Irre führten. Da es ja als Psychothriller betitelt wird, fehlte mir auch der psychologische Aspekt, da ich hier die dazu gehörenden, beklemmenden Gefühle vermisste. Zwar erhält Ellen, die Reporterin, die ein oder andere Drohung, aber im Großen und Ganzen verläuft sich dieses und auch die spätere Aufklärung des Ganzen konnte mich nicht richtig überzeugen.
Die Geschichte wird von einem personellen Erzähler in der dritten Person wiedergegeben. Dieser wechselte dann auch recht häufig die Perspektive und erzählte mal von Ellen, mal von Lyckes Mutter oder Vater, mal von der Stiefmutter und auch von der Nanny, die Lycke betreute. Dadurch erfuhr ich zwar sehr viel über die ganzen Hintergründe, aber leider blieb auch bei den einzelnen Perspektiven alles noch zu oberflächlich. Ganz klar wird hier natürlich deutlich, dass Lycke ein sehr einsames kleines Mädchen ist, dem zwar keinerlei Materielles fehlt, aber doch das, was Kinder am nötigsten brauchen: die Liebe der Eltern. Sie ist ein Scheidungskind, das wie ein Spielball zwischen den Eltern hin- und hergereicht wird und trotzdem hat keiner von ihnen wirklich Zeit für das Mädchen. Diese ganze Darstellung über Lyckes Leben ist der Autorin durchweg gelungen und ich konnte mit dem Mädchen empfinden, wie es ihr geht und ich hatte auch sehr viel Mitleid mit der Kleinen. Doch ich hätte mir hier vielleicht ein paar Rückblicke gewünscht, wie es für Lycke wirklich war, denn so blieb auch das zwar nachvollziehbar, ging aber nicht tief ins Herz oder an die Psyche.
Ellen, die Reporterin, ist hier die Protagonistin, die in ihrer Kindheit etwas Furchtbares erlebt hat, nämlich den tödlichen Unfall der Schwester. Sie macht sich selber Vorwürfe wegen der damaligen Ereignisse, doch ausser den sich ständig wiederholenden Gedanken Ellens, geht auch dieses nicht allzu sehr in die Tiefe. Auch sonst bleibt sie mir sehr blass und oft sind ihre Handlungen nicht allzu schlüssig. Die Nebencharaktere sind zwar im Ansatz vorstellbar und auch ihre Handlungen konnte ich nachvollziehen, aber auch dieses ist mir alles zu oberflächlich geblieben.
Alles in allem hatte ich hier den Eindruck, dass die Autorin mit den unterschiedlichen Handlungssträngen Wendungen und Verwirrungen stiften wollte, doch dafür blieb alles zu oberflächlich. Die letztliche Auflösung des Falls konnte mich dann leider auch nicht mehr überraschen, da ich da schon recht früh eine Ahnung hatte und diese dann am Ende auch bestätigt bekam.
Mein Fazit:
Ein Buch, das für mich unter dem Genre Psychothriller nicht richtig aufgehoben ist, da ich hier einfach viele Elemente vermisste. Trotz unterschiedlicher Erzählstränge gab es eigentlich zu wenig Verwirrungen und auch der Fall blieb zu sehr im Hintergrund. Der Schreibstil an für sich ist durchaus sehr gut und läßt sich flüssig weglesen, aber ich habe den Eindruck, hier wurde zu offensichtlich versucht, in die Irre zu leiten. Ansatzweise gelingt die Spannung, aber sie bleibt nicht konstant. So konnte mich das Buch leider nicht ganz überzeugen, auch wenn es gute Ansätze gibt. Vielleicht passt hier aber auch einfach nur die Bezeichnung Psychothriller nicht zum Inhalt, denn für mich ist es eher ein Roman.