Rezension

✎ Raquel J. Palacio - Wunder

Wunder Sieh mich nicht an
von Raquel J. Palacio

Es ist erstaunlich, wie lange dieses Buch bereits auf dem Markt ist und wie oft es mir seitdem über den Weg läuft ...

Ich muss gestehen, dass ich bisher nur gute Meinungen zum Inhalt gehört habe. Gibt es keine kritischen? Traut sich niemand, etwas Schlechtes zu sagen, weil das Thema so wichtig ist? Ich für mich habe einfach (fast) nichts auszusetzen. Man sollte die Geschichte auch aus mehreren Perspektiven sehen, um das Gesamtbild einfangen zu können.

Von Anfang an habe ich mich auf eine emotionale Achterbahn der Gefühle eingestellt. Ich hatte meine Markierzettelchen bereit gelegt, um Stellen nicht aus den Augen zu verlieren, die ich später nochmals wiedergeben wollte. Meine Zeit habe ich extra so geplant, dass ich viel am Stück lesen konnte. Und doch kam einiges anders.

Die knapp 450 Seiten habe ich tatsächlich in ca. 2 oder 3 Tagen durchgesuchtet. Meine Augen klebten am Text, meine Umwelt spielte keine Rolle zu dieser Zeit. August und sein Erlebtes fesselten mich und die Sprache der Autorin ließ die Zeilen nur so vorüberfliegen.

Das Zuklappen des Buches bedeutete für mich dieses Mal nicht, dass ich es beiseite lege, meine Meinung niederschreibe und es vergesse. Ganz bewusst habe ich ein paar Tage verstreichen lassen, um zu sehen, wie es auch hinterher auf mich wirkt.

Es ist jetzt kein Buch, welches mich tief im Herzen getroffen hat, obwohl ich sehr viel Mitleid mit dem Protagonisten hatte. (aber das ist wahrscheinlich vorprogrammiert bei diesem Thema) Dennoch ist es ein Beitrag, den ich gerne gelesen habe.

Bei der Seitenanzahl wurde wirklich sehr viel angesprochen. Es wurden mehrere Seiten beleuchtet. Und es kamen sogar einige Personen zu Wort, sodass man das Ganze nicht nur aus einer Betrachtungsweise wahrnahm. Aber es war vieles so weichgekocht. Selbst das Ende kam nicht überraschend, sondern man ahnte, worauf es hinauslaufen wird. Es war schön anzusehen und ich habe mich für August gefreut. Jedoch hätte es ein anderer Ausgang auch getan.

Es gibt Konflikte, ja. Und es gibt Hürden, die der Junge überwinden muss. Und ich fand es gut, dass Raquel J. Palacio auch die beiden Seiten aufgezeigt, was es heißt, die Schwester zu sein. Oder einfach nur ein Junge, der mit dem Aussehen von August nicht klar kommen mag.

Aber es war zu weichgespült.

Ich denke, die Schriftstellerin hat ein Anliegen verarbeitet, welches viel Gewicht hat. Und dennoch wollte sie eher einen Wohlfühlroman herausbringen - was sie auch super geschafft hat. Genau unter diesem Aspekt sollte man das Debüt zur Hand nehmen.

Mir hat auf alle Fälle geholfen, dass ich den Filmtrailer bereits kenne. Denn obwohl es detaillierte Beschreibungen im Buch von August gibt und die nicht wirklich übereinstimmen, konnte ich mir dennoch so ein besseres Bild von allem machen.

Ganz nüchtern betrachtet: Ja, es ist ein wichtiges Buch. Es wird auch einen hart umkämpften Platz in meinem Regal erhalten und ich werde es mit Sicherheit oft weiterempfehlen. Und trotzdem habe ich irgendwie die Taschentuchmomente vermisst ...

©2018

Zitat:

"Ich werde immer die Schwester eines Jungen mit Geburtsfehler sein: Das ist nicht das Problem. Ich will bloß nicht immer darauf reduziert werden." (S. 138)