Rezension

Reiche Welt der Bilder

Tulpengold - Eva Völler

Tulpengold
von Eva Völler

Bewertet mit 5 Sternen

Amsterdam, 1636. Im Hause des Malers Rembrandt von Rijn zieht als neuer Maler-Lehrling Pieter ein. Pieter ist ein ungewöhnlicher Mensch, heutzutage würde man ihm wohl das Asperger-Syndrom bescheinigen. Er nimmt alles wortgenau, bedenkt seine Antworten sehr lange, hat wenig Zugang zu Gefühlen und besitzt nicht nur großer Mal-Talent, sondern auch eine tiefe Begeisterung für alles, was sich mit mathematischen Formeln berechnen lässt.

Es ist die Zeit der Tulpen-Mania. Die Preise für Tulpenzwiebeln steigen und steigen, auch Rembrandt lässt sich davon anstecken. Bereits am ersten Tag seiner Lehrzeit sieht Pieter, wie ein Tulpenhändler auf dem Markt zusammenbricht und stirbt. Bleiwasser-Vergiftung! Im Laufe der Geschichte sterben weitere Tulpenhändler, allesamt Kunden von Rembrandt. Insofern gerät Rembrandt sehr schnell unter Verdacht. Pieter jedoch stellt ganz andere Berechnungen an…

 

Historische Romane sind normalerweise nicht das von mir bevorzugte Genre. Oftmals sind sie überfrachtet mit Wissensvermittlung, mit Darstellungen von recherchiertem Wissen, und die Lesefreude tritt dadurch in den Hintergrund.

Ganz anders bei Eva Völler! Sie schreibt unglaublich bildhaft und fesselnd. Man spürt ihre gründlichen und intensiven Nachforschungen und Vorbereitungen, aber nicht anhand von theoretischem Beiwerk, sondern all ihr Wissen fließt ein in eine Bilderwelt, die sie gekonnt vor uns Lesern ausbreitet. Ich sah fasziniert Rembrandt über die Schulter, wie er besessen malte. Ich stand mit Pieter in der Kneipe und sah den biertrinkenden und diskutierenden Tulpenhändlern zu. Ich sah mit dem klaren und wohlwollenden Blick der Autorin einen Ausschnitt der Welt im 17. Jahrhundert, die Welt der Kunst, aber auch der Gefahren, der Habgier, der Eifersucht und immer wieder die Welt der Farben, des künstlerischen Arbeitens, oftmals nur um überleben zu können. Ich lernte Menschen aus dieser Zeit kennen, sympathische und unsympathische, wunderbar fein beschrieben in ihrem individuellen So-Sein. Der Leser wird dank der Autorin schnell vertraut mit ihnen, leidet mit ihnen, bewundert sie, hofft mit ihnen. Und so verführt uns Eva Völler, ohne dass wir es merken, in diesen besonderen Zeitabschnitt in Amsterdam, sodass wir uns beinahe als zugehörig empfinden und völlig das oftmals so als dröge belastete Wort „historisch“ vergessen. Dass auch gleichzeitig die Aufklärung mehrerer Morde zusätzlich Spannung in das Buch bringt, ist für mich ein dankbar angenommenes  Beiwerk.

 

Fazit: Ein spannend zu lesender, farbig-lebendig geschriebener Roman, der mir einen intensiven und plastischen Einblick in einen mir bislang fernen Zeitabschnitt und in die damalige Welt der Kunstschaffenden gewährte.