Rezension

Reise in die Vergangenheit

Eine Handvoll Worte - Jojo Moyes

Eine Handvoll Worte
von Jojo Moyes

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ellie lebt im Jahr 2003 in London und arbeitet bei einer Zeitung. Sie hat eine Affaire mit einem verheirateten Mann, von der ihre Freunde alles andere als begeistert sind und ihre Karriere stagniert. Ihr Leben könnte also durchaus besser laufen - auch wenn sie das anders sieht. Da bei ihrer Zeitung gerade die Jubiläumsausgabe geplant wird, bekommt sie die Aufgabe, eine Seite zu erstellen, auf der die Zeitung damals und heute gegenübergestellt wird. Als sie sich auf die Suche nach Material macht, fällt ihr auf einmal ein Brief in die Hände, ein Liebesbrief. Sie weiß nicht, von wem und an wen er ist, aber er berührt sie, so dass sie mehr wissen möchte, was dahinter steckt. Und so macht sie sich auf die Suche nach Jennifer, einer unglücklich verheirateten Frau Anfang der 1960er, und ihrem Geliebten.

Ich muss sagen, dieser Roman hat mich zu Beginn verwirrt. Er beginnt mit Ellie, die Streit mit ihrem besten Freund hat, weil er ihre Affaire nicht gut findet. Dann wechselt die Zeit allerdings zu 1960 und bleibt dort. Ich weiß nicht, wie ich darauf kam, aber ich hatte damit gerechnet, dass es eher wie bei Romanen von Lucinda Riley und Co sein würde, wo die Zeit immer mal wieder springt und nicht erst über die Hälfte des Buches die Vergangenheit dargestellt wird, bis sie dann mit der Gegenwart verbunden wird - von wo aus es aber auch immer wieder Ausflüge in die Vergangenheit gibt. Dazu kommt, dass die Vergangenheitskapitel immer quasi doppelt erzählt werden, nämlich erst aus der Sicht von Jennifer und dann aus der Sicht ihres Geliebten. Da leider keine Namen oder sonstige Hinweise darauf z.B. über den Kapiteln stehen, hat mich das zunächst sehr verwirrt.

Das Buch an sich liest sich sehr flüssig, die Seiten flogen nur so dahin. Ich fand die Thematik sehr spannend, wie es für eine Frau noch Anfang der 1960er in London war, wenn sie unglücklich verheiratet war und einen Ausweg suchte. Vielleicht liegt es an meinem noch eher jungen Alter (29), aber irgendwie hätte ich gedacht, dass z.B. Scheidungen damals noch gar nicht sooo unüblich waren - wenn auch vielleicht nicht so häufig wie heute. Die Charaktere kann man sich alle gut vorstellen, auch wenn sie schon ein bisschen in schwarz-weiß (im Sinne von gut und böse) gezeichnet werden. Das entspricht dann allerdings auch der dargestellten gesellschaftlichen Situation, in der manche eher liberal-fortschrittlich und andere ziemlich konservativ waren. Jennifers Ehemann fand ich von Anfang an komisch, er wurde mir mit der Zeit immer unsympathischer. Jennifer hingegen konnte ich mir sehr gut als junge Frau/Dame aus gutem Hause vorstellen, die auch als ältere Dame noch ihre Haltung bewahrt hat. Ellie wirkt sympathisch, aber auch etwas verpeilt. Manchmal hätte ich sie gern geschüttelt, dass sie für ihre Affaire nicht ihren Beruf aufs Spiel setzen soll - und sich schon gar nicht darauf verlassen soll, dass er seine Familie für sie verlässt. An der Stelle war sie schon ziemlich klischeehaft... Aber Frauen in solchen Situationen sind leider mitunter so, insofern kann ich Jojo Moyes hier auch keine Realitätsferne vorwerfen.

Fazit: Ein schöner, trauriger, interessanter, romantischer Blick in das London der 1960er Jahre mit einer faszinierenden Liebesgeschichte