Rezension

Reise mit Hindernissen

Die Versuchung der Ratsherrentochter - Petra Waldherr

Die Versuchung der Ratsherrentochter
von Petra Waldherr

Bewertet mit 4 Sternen

Wir schreiben das Jahr 1524. Michael bekommt immer noch zu spüren, dass die Bewohner in Wympfen in ihm den ehemaligen Scharfrichter sehen. Anna, Ratsherrentochter und seine Frau, möchte mit Michael nach Haydelberch ziehen. Dort hat sie Verwandte und beide könnten sich eine neue Zukunft aufbauen. Als sie Station in Bischoffsheimb machen, ahnen Michael und Anna nicht, dass es bald um Leben und Tod gehen wird. Selbst als Anna eine tote junge Frau im Wald findet, ist sie sich der Gefahr nicht bewusst.

Die Autorin hat einen spannenden historischen Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.

Da es der zweite Teil mit den Protagonisten ist, werden am Anfang die wichtigsten Fakten zum Vorgängerband zusammengefasst.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Gut gefallen hat mir, dass die Ortsnamen entsprechend der Zeit geschrieben wurden. Ab und an verwendet die Autorin historische Begriffe, die zum Teil selbsterklärend oder im Anhang aufgeführt sind.

Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Michael kennt sich durch seinen früheren Beruf auch in der Heilkunde aus. Bei der Geburt eines Kälbchens darf ich ihm über die Schulter schauen. Doch auch die Deutung von menschlichen Beschwerden und ihre Behandlung beherrscht er.

Anna ist eine selbstbewusste junge Frau. Allerdings weiß sie, wie gefährlich es ist, wenn sie ohne Haube gesehen wird, da sie auf Grund der Vorgänge in Teil I kurze Haare trägt.

Bei ihrer Abreise wissen beide nicht, dass sie zwei Begleiter auf ihren Weg haben werden.

Sehr gefühlvoll sind die Abschiedsszenen gestaltet. Michael weiß nicht, ob er seine Schwester und deren Kinder je wiedersehen wird. Reisen sind ein riskantes Unterfangen.

Im Gegensatz zu den Protagonisten ist mir relativ schnell klar, wer der Täter ist. Sein Motiv ist makaber.

Vielfältige Informationen über die Verhältnisse der Zeit wurden gekonnt in die Geschichte integriert, seien es die Methoden des Weinbaus oder das Marktgeschehen. Hier blitzt ab und an ein feiner Humor auf.

Gut herausgearbeitet werden die Emotionen der Protagonisten. Annas Eifersucht, Michaels Neugierde und die Todesangst sind Beispiele dafür. Behutsam wird geschildert, wie sich Anna zunehmend sexuell gegenüber Michael öffnet und ihre Wünsche erkennen lässt.

Die Geschichte verfügt über einen hohen Spannungsbogen. Der ist auch dem raffinierten Manipulationsmethoden des Täters geschuldet. Selbst ich als Leser weiß oft nicht, was er eigentlich vor hat und mit seinem Handeln bezweckt.

Ein kurzes Nachwort, eine Quellenangabe, ein Personenverzeichnis und, wie schon erwähnt, ein Begriffsverzeichnis ergänzen das Buch.

Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie zeigt, wie schwierig es schon in der damaligen Zeit war, gegen Vorurteile kämpfen zu müssen.