Rezension

Reiten vor 2000 Jahren...

Xenophon - Über die Reitkunst / Der Reiteroberst - Richard Keller

Xenophon - Über die Reitkunst / Der Reiteroberst
von Richard Keller

Bewertet mit 4 Sternen

"Wenn man das Pferd in eine Haltung bringt, die es selbst annimmt, wenn es sich das schönste Ansehen geben will, so erreicht man, dass das Pferd des Reitens froh und prächtig, stolz und sehenswert erscheint." (S. 79)

....zugegebener Maßen ist das nicht meine liebste Übersetzung dieses Zitates, aber trotzdem ein wunderschöner Leitsatz in der Ausbildung von Pferden.

Dieser und weitere Leitsätze, die bis heute Bestand haben (sollten) sind schon vor über 2000 Jahren gültig gewesen und wurden von Xenophon in "Über die Reitkunst" und "Der Reitoberst" 369 v. Chr. aufgeschrieben.
Die im Müller-Rüschlikon Verlag erschienene Übersetzung wurde von Richard Keller auf Basis älterer Übersetzungen verfasst.

Das Buch beginnt mit allgemeinen Informationen rund um Xenophon, der doch nicht nur Pferdemensch war.
Xenophon gehört zu den alten Meistern, auf die sich im Pferdesport sehr gerne bezogen wird. Viele seiner Zitate sind natürlich bekannt und auch einfach im Internet zu finden, für mich war jedoch das "drumherum" interessanter. Ich wollte wissen, wie der Reitsport (und damit meine ich nicht nur die Sportreiterei, sondern jeglicher Umgang mit dem Pferd) zu Xenophons Zeiten funktionierte.

Besonders faszinierend finde ich, wie viele Dinge sich doch auch über 2000 Jahre hinweg nicht geändert haben, sei es im Bezug auf die Hilfengebung oder auch im Allgemeinen Umgang mit dem Pferd.
Natürlich war auch zu Xenophons Zeiten nicht alles gold, was glänzt. Die Pferde wurden auf den Einsatz in der Schlacht vorebereitet, und dabei wurden auch Methoden angewendet, die wir heute als absolut nicht pferdefreundlich bezeichnen.
Trotzdem begegnet Xenophon seinem Partner Pferd mit gehörigem Respekt und weist daraufhin, wie wichtig z.B. das Lob im Umgang mit dem Pferd ist und das die Pferde einem genau so begegnen, wie wir ihnen.

Das Buch ist bebildert mit Zeichnung von Wilhelm M. Busch. Leider zeigen sie fast ausschließlich Pferde im Krieg und/oder mit stark gestresstem Aussehen. Ich weiß, dass das den typischen Abbildungen von Pferden aus dieser Zeit entspricht, hätte mir aber doch das ein oder andere harmonischere Bild gewünscht.

Ein weiterer Kritikpunkt meinerseits sind Richard Kellers Anmerkungen an einigen Stellen. Meines Erachtens haben diese nicht wirklich zum Verständnis beigetragen und mich teilweise eher verwirrt. Vielleicht wäre für mich eine richtige kommentierte Ausgabe also passender gewesen.

Alles in allem gehören Xenophons Bücher aber in den Bücherschrank eines jeden Pferdemenschen, denn einige Passagen sollte man einfach immer wieder lesen, um sie zu verinnerlichen und seinem Pferd mit dem nötigen Respekt gegenüberzutreten.

Und nicht vergessen:
"Im übrigen muss man, wie ich nicht oft genug betonen kann, jedes Mal, wenn das Pferd etwas gut macht, ihm etwas Angenehmes erweisen." (S. 82)