Rezension

Rezension || "Winterkartoffelknödel" von Rita Falk

Winterkartoffelknödel - Rita Falk

Winterkartoffelknödel
von Rita Falk

Bewertet mit 5 Sternen

Erster Satz

Ich geh also heute zum Simmerl (Dienstag Schlachttag: Blut- und Leberwürste).

Inhalt

Franz Eberhofer ist nach einer Strafversetzung nun Dorfgendarm in Niederkaltenkirchen. Doch in dem kleinen Dorf, in dem jeder jeden kennt, ist einfach nicht viel los. Hier und da mal ein Verkehrsunfall, aber alles in allem fristet Eberhofer ein eher ruhiges Leben. Daher verbringt er einen Großteil seiner Zeit entweder beim Wolfi an der Theke, um ein kühles Blondes zu genießen oder beim Simmerl an der Wursttheke. Außerdem wäre da ja noch die Oma, die der Franz zum Einkaufen fahren muss und das kommt relativ oft vor. Immerhin ist die Oma eine Schnäppchenjägerin. Doch dafür zeigt sich die Oma dann mit dem besten Essen überhaupt erkenntlich. Schließlich wäre da aber auch noch die Aufgabe mit dem Saustall. Den will der Franz nämlich renovieren und sich darin einrichten. Eigentlich ist der Franz also ganz gut beschäftigt, doch dann stirbt aus der Familie Neuhofer einer nach dem anderen, und zwar nicht, wie die Leute halt so sterben. Nein, auf die ungewöhnlichsten Weisen scheidet die Neuhofer-Sippschaft aus dem Leben. Da ist für den Franz klar: da muss ermittelt werden. 

Meine Meinung
Durch Zufall bin ich über die Reihe über Franz Eberhofer gestolpert, wobei mich vor allem die Cover angesprochen haben. Die Gestaltung gefällt mir unglaublich gut. Zwar ist Rita Falk nicht die einzige, die auf dem Gebiet "Provinzkrimi" einen Namen hat (da fällt mir immer zunächst mal die Kluftinger-Reihe ein), aber ich steh total auf solche Bücher. Ich meine, das sind witzige Krimis, da wird überhaupt das Beste miteinander kombiniert. Allerdings müssen solche Bücher eben diesen gewissen Charme versprühen. Lange Rede, kurzer Sinn: das Buch hat mich sofort angesprochen und ich bin mit einigermaßen hohen Ansprüchen an die Sache rangegangen.

Der Einstieg ins Buch hat mich anfangs ein klein wenig verwirrt und da hatte ich schon die Befürchtung, das mich das Buch gar nicht abholen kann. Wie der erste Satz erkennen lässt, hat es den Anschein, als wäre Eberhofer bereits mitten in einer Erzählung und der Leser hätte einfach den Anfang verpennt. Allerdings war es vielleicht auch einfach eine Reizüberflutung, da der Schreibstil doch ein ganz besonderer ist (dazu gleich) und eben das Buch direkt beginnt. Schon nach wenigen Seiten hatte ich mich eingefunden und ab da war es auch kein Problem mehr, der Handlung zu folgen. Daher: man sollte das Buch auf gar keinen Fall direkt abbrechen, sondern ihm eine Chance geben. Denn man wird nicht enttäuscht.
Das Buch zeichnet sich ganz eindeutig zu einem großen Teil durch den besonderen Schreibstil von Rita Falk aus. Und den hat sie wirklich konsequent durchgezogen. Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Franz Eberhofer erzählt, womit richtig gut zu Geltung kommt, was für ein Mensch er ist. Er erzählt eben, wie ihm die Schnauze gewachsen ist und da er eben ein waschechter Bayer ist, hat mich das köstlich amüsiert. Oftmals benutzt er verkürzte Sätze, wie z.B.: "Mir schmeckt's eben nicht, aber ich tu so als ob, weil: sonst Krieg" (S. 95). Der Schreibstil ist schlicht und einfach witzig, zumindest, wenn man solchen Humor eben witzig findet. Ich tu das und musste mehr als einmal lauthals auflachen, was ich normalerweise beim Lesen nicht tu. Der Humor ist bissig und ab und an mal schwarz wie die Nacht und fängt schon bei Kleinigkeiten an. So müssen die Kinder von Eberhofers Kumpel mit den Namen "Ignatz-Fynn" und "Clara-Jane" durchs Leben gehen. Die ab und an auftauchenden bayerischen Begriff waren für mich als Ur-Schwabe eigentlich leicht verständlich, doch auch für einen Oxford-Deutschen lassen sich die Bedeutungen aus dem Kontext erschließen. Und falls man doch mal nicht weiß, was einem Eberhofer da gerade sagen will, gibt es am Ende des Buches ein kurzes Glossar mit den benutzten Begrifflichkeiten.

Das Herzstück dieses Buches bilden allerdings die Charaktere, angefangen natürlich bei Franz Eberhofer himself. Nach einer Strafversetzung raus aus der Großstadt München rein ins Dörfchen Niederkaltenkirchen, ist er als Dorfgendarm für die Gesetzestreue der Dorfbewohner zuständig. Allerdings hat er da ab und an mal seine Schwierigkeiten, vor allem mit dem hiesigen Richter, der sich mit den Aktionen Eberhofers auseinander setzen muss. Der Franz vergisst bei einem Einsatz auch gern mal seine Waffe zuhause auf dem Küchentisch, wenn er sie aber doch mal dabei hat, dann hat er auch keine Skrupel, diese auch zu benutzen. Und wenn es nur sein muss, um einen albanischen Dolmetscher zur Ruhe zu rufen. Aber auch die Dorfbewohner sind richtige Charakter-Träger. Der Flötzinger (Gas-Wasser-Heizungs-Pfuscher) und der Simmerl (Metzger des Vertrauens) könnten so oder ganz ähnlich tatsächlich an jedem kleinen Dörfchen an der Theke der Dorfkneipe anzutreffen sein. Franz Vater, ein ewiger 68-er, demonstriert nur wegen des Demonstrieren wegens, liebt die Beatles heiß und innig und ist auch dem einen oder anderen Joint nicht abgeneigt. Dagegen ist sein zweiter Sohn, der Leopold, das komplette Gegenteil von Franz, nämlich eine Schleim-Sau (Franz Worte, nicht meine). Doch die alle übertrifft die Oma Eberhofer bei Weitem. Ich liebe diese Frau und bei Bedarf würd ich sie vom Fleck weg adoptieren. Sie kann zwar super kochen, ist aber leider ein wenig taub, die Oma. Doch das heißt nicht, dass es sich bei ihr um ein altes, wehrloses Mütterchen handelt, nein, ganz im Gegenteil. Die Oma tritt dem Heizungs-Flötzinger auch gern mal vor's Schienbein, wenn sie der Meinung ist, dass der ihr eine zu hohe Rechnung gestellt hat. Und der Flötzinger geht dann los und schreibt eine neue Rechnung. Die Oma hab ich wirklich sofort ins Herz geschlossen, da Rita Falk mit ihr einen wunderbaren, netten, lieben und resoluten Charakter geschaffen hat.

Der Mordfall, an dem Franz ermittelt, ist jetzt nicht unbedingt das Abbild von kriminalistischer Brillianz der Autorin und läuft so nebenher, aber das fand ich nicht schlimm. Da schon auf dem Cover von einem "Provinz-Krimi" die Rede ist, habe ich auch nicht unbedingt einen komplexen Fall erwartet, der mit einer Verfolgungsjagd und einer Schießerei endet. Trotzdem kommt eine gewisse Spannung auf und die Geschichte hat einen soliden Hintergrund. Franz Eberhofer löst den Fall und am Ende der Geschichte gibt es bereits einen Cliffhanger für den nächsten. 
Anzumerken ist noch folgendes: Eberhofer und seine Familie findet man während des Buches mehr als einmal am Küchentisch wieder. Wie gesagt, ist die Oma eine traumhafte Köchin und als kleines Schmankerl sind die Rezepte zu den Gerichten am Ende des Buches noch abgedruckt. Das ist auf jeden Fall mal was anderes und meiner Meinung nach eine schöne Idee, zumal die Titel der Reihe ja alle immer irgendetwas mit Essen zu haben.

Bewertung
"Winterkartoffelknödel" ist ein genialer Auftakt zu einer Reihe, die ich bestimmt lieben werde. Ich kann es kaum erwarten, die Dorfbewohner "wiederzutreffen". Wem diese Art von Humor liegt, wird mit dem Buch genauso glücklich sein, wie ich es war. Die 240 Seiten sind geradezu an mir vorbeigeflogen. Da ich absolut überzeugt wurde, kann ich nicht anders und muss einfach so volle Punktzahl geben.