Rezension

Rezension zu "Es klingelte an der Tür" (Rex Stoute)

Es klingelte an der Tür - Rex Stout

Es klingelte an der Tür
von Rex Stout

Bewertet mit 3.5 Sternen

Rex Stout (1886-1975) war einer der erfolgreichsten Kriminalautoren der USA, der vor allem durch seine Kriminalfälle rund um den Ermittler Nero Wolfe berühmt wurde. "Es klingelte an der Tür" ist nicht der erste, sondern der 28. Wolfe-Band. Der erste Fall erschien bereits 1934, "The Doorbell Rang" erst 1965. Ich kannte bislang gar keinen Wolfe-Fall, denke aber, dass Vorkenntnisse nicht unbedingt nötig sind. Es werden jedoch Personen und Umstände erwähnt, die man nur aus vorherigen Fällen kennen wird. Hätte ich die Wahl, würde ich bei einer Reihe immer nach der chronologischen Reihenfolge gehen. Ehrlich gesagt war mir aufgrund des Klappentextes auch gar nicht bewusst, dass es sich nicht um den Reihenaufakt handelt. Mir ist auch jetzt nicht ganz klar, wieso der Verlag ganz willkürlich den 28. Band in neuer Übersetzung veröffentlicht. Im Nachwort erfährt man jedoch, dass dies wohl Stouts erfolgreichster Wolfe-Band war, da er damals provozierte und auf der Liste der dem FBI nicht genehmen Schriften landete.

Die Information: "Diese Neuübersetzung bietet dem deutschen Leser erstmals die Möglichkeit, den Autor in seiner ganzen literarischen Qualität zu entdecken." hat mich vermuten lassen, dass es die Bücher vielleicht bislang nur auf Englisch gibt. Das ist jedoch nicht zutreffend, alle Bände wurden auch auf Deutsch veröffentlicht, dieser Band 1968 unter dem Titel "Per Adresse Mörder X". Wer also lieber gleich chronologisch lesen möchte, kann dies auch auf Deutsch tun.

Nero Wolfe ist ein exzentrischer, aber brillianter Privatdetektiv, der nur in Ausnahmefällen das Haus verlässt und sich ansonsten leidenschaftlich der Orchideenzucht und der Kulinarik widmet. Der Roman wird aus Sicht seines Assistenten Archie Goodwin erzählt, der für Wolfe viele Funktionen übernimmt, sowohl am Schreibtisch als auch draußen bei der Ermittlungsarbeit. Er ist gut ausgebildet, kampferprobt und dennoch ein Charmeur.

Für Leser, die eher zu Krimis aus moderner Zeit greifen, ist es wohl etwas ungewöhnlich, dass hier noch ganz klassisch "auf der Straße" ermittelt wird und heutige Selbstverständlichkeiten wie Internet, Handy und modernste Technik (z. B. Abhörtechnik) damals noch keine Rolle spielten. Überhaupt ist das Charmanteste an dem Buch die Zeit, in der es spielt. Damals haben sich die Leute, zumindest die in Wolfes Umfeld, gewählter ausgedrückt und pflegten noch die Regeln der Höflichkeit. Archie ist ein echter Gentleman. Er spricht den Leser direkt an und teilt mit ihm seine Gedanken. Der Humor des Buches ist subtil, und vor allem zwischen Archie und Wolfe kommt es zu so manch (für mich) abstrusem Dialog. Der Sprachstil ist meiner Meinung nach gewöhnungsbedürftig, da der Roman vor über 50 Jahren geschrieben wurde und sich die Figuren auch dementsprechend artikulieren. Man liest sich aber nach und nach ein.

Der Fall an sich ist sehr verzwickt und ich muss zugeben, dass ich manchmal nicht ganz folgen konnte, worüber Wolfe und Archie da eigentlich reden und was genau sie vorhaben. Das FBI spielt eine große Rolle, und von diesem Thema habe ich so gar keine Ahnung. Das hat sich dann ja nach der Lektüre geändert. Es wurde für meinen Geschmack zu viel geredet, aber ich schätze, die verbalen Schlagabtäusche zwischen Wolfe und Archie sind markant für diese Reihe und machen ihren Charme aus. Auf die Lösung des Falles kam ich bis zum Schluss nicht. Ich bin jedoch auch kein versierter Krimileser, sondern schnüffle nur ab und an in diesem Genre herum.

Alles in Allem hat mir das Buch gut gefallen, da der Fall anspruchsvoll und verzwickt war. Es ist jedoch nicht mein bevorzugtes Genre, und deshalb werde ich keine weiteren Bände der Serie lesen, auch wenn ich die beiden Protagonisten durchaus liebenswert fand. Wer aber gerne Krimis liest, vor allem aus älterer Zeit, hat mit Nero Wolfe sicherlich seine wahre Freude.