Rezension

Richtige Richtung

Die letzte Prinzessin - Martin Prinz

Die letzte Prinzessin
von Martin Prinz

Bewertet mit 4 Sternen

Ich mag Biografien und historische Romane, aber überhaupt keine süßlichen historischen Schinken. Martin Prinz konnte mich sprachlich nicht überzeugen - ja, das krasse Gegenteil, aber seine Romankomposition über das Leben von Sissis Enkelin hat mich dennoch bereichert.

Die letzte Prinzessin heißt Elisabeth Marie Henriette Stephanie Gisela von Österreich (1883 – 1963), ich musste ihren Namen leider googlen, und sie war die einzige Tochter von Kronprinz Rudolf, dem Sohn von „Sissi“.

Sie wurde in ein Kaiserhaus geboren, kam sozusagen in Glanz und Gloria, kannte niemals materielle Sorgen, obwohl auch sie von den grauenhaften Auswirkungen des Ersten Weltkriegs nicht gänzlich verschont blieb, in der die österreichische Bevölkerung buchstäblich am Hungertuch nagte. Letztendlich machte die hochwohlgeborene Elisabeth einiges mit in ihrem langen Leben. Als kleines Mädchen verlor sie ihren Vater, der sich vermutlich umbrachte. Die familiären Verhältnisse waren kühl und sie flüchtete sich früh in eine Ehe, die sich als nicht tragfähig erwies.

„Die letzte Prinzessin“ erlebt sowohl in ihrem persönlichen Leben das Scheitern von Träumen und Illusionen und das harte Aufschlagen in der Realität, genau so wie sie auch im Politischen das Scheitern der österreichischen Donaumonarchie erlebt und den Aufbruch in eine Neue Zeit.

Der Autor, Martin Prinz, verwendet einen Großteil des Romans an Elisabeths erste Ehe mit Otto von Windisch-Graetz, die in einem Jahre langen, nervenaufreibenden Scheidungsverfahren und einem damit einhergehenden Sorgerechtsstreit um die vier Kinder endete, wenig Zeit findet er für die zweite Ehe Elisabeths mit dem Sozialisten Leopold Petzneck. Auch die Kinder der Erzherzogin haben eine marginale Rolle inne.

Doch die Komposition des Autors, die Idee, vom Ende her zu erzählen und in zwei Perspektiven, denen des Hausmeisters Mesli und der der Erzherzogin Erzsi selbst, sozusagen das Geschehen von zwei sich entgegenlaufenden Zeitebenen aufzurollen, ist geschickt angelegt. Sein Schwerpunkt liegt ganz auf der Person Elisabeths. Manchmal holt er weiter aus, manchmal verkürzt er. Dazu hat er jedes Recht, bei einem historischen Sujet von solcher Bandbreite könnte man sonst allzu leicht vom Höksken zum Stöksen geraten. Doch manche wichtigen Informationen fehlen einfach.

Auch ist es schade, dass Martin Prinz den Leser beim Auftritt der entsprechenden historischen Persönlichkeiten völlig im Regen stehen lässt, denn er verzichtet sowohl auf eine adäquate Einführung derselben wie auch auf eine Chronologie, ein Glossar oder einen Stammbaum der habsburgischen Familie, selbst ein Vorwort oder ein Prolog hätten hier mit spielender Leichtigkeit Abhilfe geleistet.

Sprachlich zeigt sich der Autor besonders dann nicht gewandt, wenn es um die Schilderung von Gefühlen geht, seine Sätze sind leider oft nebulös und sinnentleert. Seine Stilmittel sind ebenfalls einfach, um nicht zu sagen plump und er bleibt mit seinen Personen nie in der Gegenwart, sondern diese denken unentwegt voraus oder blicken zurück, etc. (Don’t tell, show!).

Dass historische Gegebenheiten mehr oder weniger zufällig eingestreut ins Geschehen sind, kann ich dem Autor jedoch nicht vorwerfen, manches Detail fand ich neu und aufschlussreich und seine Auswahl individuell. Die Zeitschiene brachte Niveau in den Roman, obwohl man sicher auch hier noch eins drauf legen könnte.

Trotz aller Kritik kommt man der Erzherzogin, die sicher eine schwierige Persönlichkeit war, allmählich auf die Spur. Ich habe jetzt ein Anfangsbild von ihr, das sicherlich ergänzt gehört, aber ein Grundgerüst ist vorhanden.

Nachdem ich so über die Sprache geschimpft habe, will ich auch etwas Positives erwähnen: der Autor verwendet kaum Floskeln (sie holte tief Luft kam leider zweimal doch vor) und der Roman hat überhaupt nichts von dem üblichen süßlichen Getue des Genres!

Fazit: Der historische Roman „Die letzte Prinzessin“ weist erhebliche erzählerische Schwächen auf, was hauptsächlich im inkorrekten Gebrauch der ach so schwierigen deutschen Sprache liegt, ist aber dann doch eine interessante Gesamtkomposition, die mir mehr Sterne abnötigt als ich für möglich gehalten habe.

Kategorie: historischer Roman, Insel Verlag, 2016