Rezension

*+* Robert Galbraith: "Die Ernte des Bösen" *+*

Die Ernte des Bösen - Robert Galbraith

Die Ernte des Bösen
von Robert Galbraith

Cormoran Strike fühlt sich persönlich angegriffen, denn seiner Kollegin Robin wird ein abgetrenntes Bein zugestellt – ein ebensolches, wie es ihm selbst fehlt. Denn dem Kriegsveteran musste nach einer Explosion eines seiner Beine amputiert werden. Mit der Zustellung an die Detektei wäre er noch klargekommen, aber da die abartige Fracht an Robin adressiert war, wähnt er sie in großer Gefahr. Das hält sie selbst allerdings nicht davon ab, Strike bei den Nacforschungen in seinem wohl privatesten Fall nach Leibeskräften zu unterstützen. (Die Besprechung ist meinem LitBlog entnommen.) Die Ermittlungen führen die beiden in Strikes Vergangenheit, denn er hat gleich mehrere „alte Bekannte“ auf dem Schirm, denen er eine solch skrupellos grausame Tat zutraut. Bei dreien von ihnen wühlt er ein bisschen tiefer, um eine deutlichere Spur zu bekommen. Jedoch, halten sich die Privatdetektive in den richtigen Dunstkreisen auf? Die Polizei ermittelt parallel zu den beiden bei einem anderen Verdächtigen, jedoch liegt der Fokus der Autorin ganz klar auf Robin und Strike.

So erfährt der Hörer ausführlichst in drei der vier Erzählstränge, wie die die Privatermittler ihren Hauptverdächtigen auf den Zahn fühlen, in welchen Bereichen ihre Leben angesiedelt sind und wie diese Menschen ticken. Dabei braucht man schon ein gutes Stück Ausdauer, denn Robert Galbraith lässt auch nicht die kleinste Kleingkeit aus, was auf mich oft sehr ermüdend wirkte. Man hat über weite Strecken immer wieder das Gefühl, auf der Stelle zu treten, denn neue, bahnbrechende Erkenntnisse sind rar. Ebenfalls wird das kleine bisschen Spannung auch durch den vierten Strang, die oft ausschweifenden Ausflüge in das Privatleben des Ermittlers und vor allem Robins ausgebremst. Eine Thematik, die zwar indirekt in die berufliche Verbundenheit der beiden hineinspielt, aber nicht so wichtig ist, um für meinen Geschmack diesen hohen Stellenwert in einem Kriminalroman zu rechtfertigen.

Die Charaktere sind äußerst intensiv gestaltet, manchmal ist es bei den Nebenfiguren schon fast zu viel des Guten, so exzessiv in deren Innerstes einzutauchen. So wird vom roten Erzählfaden oft extrem abgewichen und manchmal bekam ich das Gefühl, der Autor könnte ihn komplett verloren haben – ich konnte stellenweise nicht gut folgen. Diese häufigen Ausflüge in Nebensächlichkeiten bildeten auch leider keine Holzwege, auf die der Hörer geführt werden soll, um ihn spannungssteigernd auf eine falsche Fährte zu führen – im Gegenteil, die verschiedenen Stränge mit den oft klischeehaft und unglaubwürdig übertriebenen Charakteren boten zumindest mir keinen Anhaltspunkt, in welche Richtung man richtigerweise nach dem Täter suchen sollte. Bei den eigenen Ermittlungsgedanken derart im Dunklen zu tappen, ist jedoch eins meiner wenigen Pluspunkte für das Buch, denn undurchsichtig und unvorhersehbar bleibt es bis zum Schluss. Dieser ist dann jedoch sehr überraschend – und nicht unbedingt überzeugend nachvollziehbar – ausgearbeitet.

Wer ein extrem langsames Erzähltempo mag, gerne über kleine und kleinste Details auch von Nebensächlichkeiten informiert ist, wer die Charaktere nicht nur dienstlich sondern auch privat so gut kennen möchte wie seine eigene Westentasche, dem wird die Reihe um den Prvatermittler sicher richtig gut gefallen.

Robert Galbraith und ich werden aber wohl keine Freunde mehr, denn auch beim dritten Fall für Cormoran Strike ist noch nicht einmal der kleinste Funke übergesprungen. Diese extreme Langsamkeit ist nichts für mich, auch mag ich das ständige Hin und Her im Privatbereich nicht sehr. In diesem Fall kam dann noch erschwerend ein wirklich unappetitliches Thema hinzu, das bis ins Äußerste ausgeschlachtet wurde und mich weiter abschreckte sowie in seiner intensiven Ausführung stellenweise regelrecht anwiderte.

Ein dickes Lob verdient allerdings der Sprecher Dietmar Wunder, der aus dieser „20%-Kriminal- und-80%-Roman“-Geschichte das Beste machte. Er übertrug die Stimmung gut in die Hörbuchvariante, fühlte sich in die Charaktere ein und hauchte ihnen vor allem bei Dialogen sehr gelungen „Leben“ ein, sodass mir das Buch dann doch an einigen Stellen etwas mehr Interesse entlocken konnte.

Inhalt
Nachdem Robin Ellacott ein mysteriöses Paket in Empfang genommen hat, muss sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass es ein abgetrenntes Frauenbein enthält. Ihr Chef, Privatdetektiv Cormoran Strike, ist nicht überrascht. Ihm fallen vier Menschen ein, denen er eine solche Tat zutrauen würde. Während die Polizei im Dunkeln tappt, wagen sich Strike und Robin vor in eine düstere und verstörende Welt …

Autor
Robert Galbraiths Cormoran-Strike-Reihe ist brillante zeitgenössische Kriminalliteratur, meisterhaft erzählt und reich an Details, Handlung und bestechender Figurenzeichnung. Galbraiths Krimidebüt Der Ruf des Kuckucks wurde von Kritikern und Krimifans begeistert aufgenommen und erklomm, ebenso wie der zweite Roman Der Seidenspinner, die Spitzenplätze der Bestsellerlisten. Die Cormoran-Strike-Romane werden aktuell für BBC One als große TV-Serie verfilmt, produziert von Brontë Film and Television.

Sprecher
Dietmar Wunder leiht Hollywoodstars wie Adam Sandler, Cuba Gooding Jr. und Daniel Craig seine Stimme. Außerdem ist er ein gefragter Hörbuchsprecher. Er hat bereits Galbraiths ersten beiden Romanen, Der Ruf des Kuckucks und Der Seidenspinner, seine unverwechselbare Stimme geliehen.
Quelle: Randomhouse