Rezension

Romantisch, berührend & tiefgründig trotz gewöhnungsbedürftiger Erzählweise

Ivy und Abe - Elizabeth Enfield

Ivy und Abe
von Elizabeth Enfield

Bewertet mit 3 Sternen

Zwei Menschen. Eine Liebesgeschichte. Und viele verschiedene Möglichkeiten.

In dem Roman „Ivy & Abe“ von Elizabeth Enfield geht es um zwei Menschen, die vom Schicksal füreinander bestimmt sind und zu verschiedenen Zeiten unter unterschiedlichen Bedingungen aufeinandertreffen. Es gibt elf verschiedene Varianten, die von Ivy in der Ichperspektive erzählt werden. Mal ist es nur eine kurze Begegnung, ein anderes Mal eine Liebesaffäre und wieder ein anderes Mal sogar ein Ehebündnis. Doch jedes Mal scheinen Ivy & Abe das perfekte Glück zu verpassen.

In vielerlei Hinsicht ist dieser Roman spirituell angehaucht. Ich würde ihn thematisch in die Kategorie Seelenpartner bzw. karmische Liebe einordnen. Zudem befasst sich die Autorin in ihrem Buch mit den Fragen: Gibt es den Richtigen oder nur den richtigen Zeitpunkt? Ist unser Leben von Geburt an vorbestimmt? Sind unsere Entscheidungen gar nicht selbst getroffen, sondern unausweichliche Handlungen? Haben zufällige Ereignisse die Macht ein ganzes Leben zu verändern? Wer sich selbst schon mit diesen Fragen auseinandergesetzt, kann sich in diesem Roman sicherlich wiederfinden.

Die Thematik des Romans ist interessant und vielversprechend, allerdings konnte mich die Umsetzung nicht vollends begeistern. Dies lag zum einen an der Erzählweise. Normalerweise beginnen die meisten Liebesgeschichten ja mit der ersten Begegnung, machen weiter mit einer vorübergehenden Trennung und enden gewöhnlich mit einem Happy End. Elizabeth Enfield erzählt den Roman chronologisch umgekehrt. Beginnt also mit dem Ende und endet mit dem Anfang. Das ist zwar mutig, originell und außergewöhnlich, ergab für mich aber in Bezug auf den Strukturaufbau des Romans keinen Sinn. Denn dieses Buch ist eher eine Sammlung von Kurzgeschichten, die zwar immer dieselben Protagonisten haben, aber in gewisser Weise zusammenhanglos und eigenständig sind. Ich hätte es schöner und weniger verwirrend gefunden, wenn es eine zusammenhängende, zeitlich geordnete Geschichte gewesen wäre.

Zum anderen blieb für mich die fesselnde Spannung aus, da die Begebenheiten zwischen Ivy & Abe ja nicht aufeinander aufbauen, sondern wie schon erwähnt in mehrere unabhängige Kapitel unterteilt sind. Man lernt die beiden so gesehen jedes Mal aufs Neue kennen, wobei es ein paar Konstanten gibt, die in jeder Geschichte wieder auftauchen. So gibt es in Abes Vergangenheit einen Unfall, der sich in verschiedenen Konstellationen wiederholt. Und die Huntingtonkrankheit, ein Gendefekt, zieht sich wie ein roter Faden durch Ivys Familiengeschichte. So bleibt es nicht aus, dass es inhaltliche Ähnlichkeiten und Wiederholungen gibt, die den Geschichten einen abwechslungslosen und eintönigen Touch geben. Dies wurde mit der Zeit anstrengend und gab dem Text eine gewisse Schwere, obwohl der Schreibstil flüssig und schnörkellos war.

Trotz aller Kritik war der Roman berührend, romantisch und tiefgründig. Und da jeder von uns wahrscheinlich diesen einen Menschen hat, bei dem man sich immer fragt, ob unter anderen Umständen und zu einer anderen Zeit alles anders verlaufen wäre, hat er auch eine nachhaltige Wirkung, regt zum Nachdenken an und lässt die eine oder andere Träne verdrücken.

Fazit: Elf Kurzgeschichten über schicksalhafte Begegnungen, die unter einem schlechten Stern stehen. Romantisch, berührend & tiefgründig. Leser, die an Schicksal und Bestimmung glauben, werden trotz der außergewöhnlichen Erzählweise ihre Freude an diesem Roman haben.