Rezension

rosarot, aber auch ernsthaft

Das Institut der letzten Wünsche
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 4 Sternen

Die Zeit tropfte zäh und langsam durch die Flaschen auf den Infusionsständern, die Sekunden flossen durch Schläuche, die Minuten sammelten sich in den Urinbeuteln der Katheter zu einem trüben, gelben Gewässer aus gelebtem Leben.
S. 56

„Denk an die Sache mit der Seifenblasenwelt“, flüsterte [Daniel] neben ihrem Ohr. „Denk daran aufzupassen, dass sie nicht zu weit oben fliegt, wenn sie zerplatzt. Sonst fällst du zu tief.“
S. 275

 

Charaktere:
Mathilda ist außergewöhnlich. Wie der Klappentext schon sagt, ist Mathilda verträumt, aber auch etwa schräg, total liebenswürdig und immer noch das kleine Kind in ihr.
Ingeborg hat jahrelang als Ärztin gearbeitet, dann aber ihren Job aufgegeben und das Institut der letzten Wünsche gegründet. Sie ist sachlicher als Mathilda, weshalb sie sie oft auf den Boden der Tatsachen zurückholt.
Birger ist erst um die 40, aber todkrank. Er hat eine verwuschelte Frisur, als wäre er in einen Sturm geraten und trägt einen grauen Regenmantel.
Daniel ist Assistenzarzt und ein ehemaliger Kommilitone und Freund von Mathilda. Durch den Stress und Schichtdienst ist Daniel oft gestresst und wirkt dadurch ab und zu sehr verkrampft.

 

Meine Meinung:
Das Institut der letzten Wünsche ist eine Organisation, die von Ingeborg gegründet wurde. Mathilda lässt dort mit ihr gemeinsam ihre kreativen Ideen freien Lauf, um den Menschen vor dem Tod ihren letzten Wunsch zu erfüllen. Egal welcher Wunsch es ist, Mathilda und Ingeborg können sie fast immer erfüllen, auch wenn sie tricksen müssen und beispielsweise Weihnachten im Sommer gefeiert wird.

Trotz der Charaktere im Buch, die alle rosarot, etwas verrückt, aber dennoch liebenswert sind, beinhaltet die Geschichte eine ernste Komponente. Neben etlichen Weihnachtsfesten und Ballonflügen werden ein paar Wünsche, wie z. B. von Birger, Frau Kovalska oder Herrn Mirusch genauer beschrieben. Oftmals knüpfen die Wünsche an eine schöne Kindheit oder Jugend an. In dem Buch wird sich nicht mit dem Tod auseinandergesetzt, aber mit der kurzen Zeit davor. Wie lebt man, wenn man weiß, dass man in einigen Monaten sterben wird? Was hat einem im Leben am meisten bedeutet? Was würde man vorher noch gerne tun?

Die Sprache von Antionia Michaelis ist außergewöhnlich. Indem die Geschichte mittels der personalen Erzählperspektive aus der Sicht der verträumten Mathilda beschrieben wird, ist die Erzählweise natürlich auch etwas verrückt und märchenhaft. Trotzdem sind die Beschreibungen von ruhigeren Szenen kühler, wodurch ihnen die Traurigkeit und Ernsthaftigkeit erhalten bleibt. Antonia Michaelis arbeitet viel und auch sehr geschickt mit Personifikationen, Metaphern und Vergleichen.

Die aufkeimende Liebe Mathildas zu Birger konnte ich leider nie nachvollziehen. Am Anfang war sie einfach da, ohne dass Mathildas Gefühle beschrieben wurden. Im weiteren Verlauf des Buches hat man aber gemerkt, dass Mathilda oft durch Birgers Anwesenheit abgelenkt ist. Glücklicherweise ist „Das Institut der letzten Wünsche“ kein reiner Liebesroman, sodass andere Begebenheiten in den Vordergrund gerückt wurden. Am Ende habe ich die verliebte Mathilda einfach akzeptiert.

Die Geschichte ist zauberhaft, jedoch ohne zu sehr ins märchenhafte zu gehen. Einige Wünsche, Charaktere oder Begebenheiten könnten so auch in unserer heutigen Zeit geschehen bzw. tun sie wahrscheinlich auch. Die Details der Geschichte sind alle für sich genommen realistisch - wenn auch im richtigen Leben selten auffindbar. Die Geschichte als großes und ganzes ist aber nicht ganz realitätsnah.

 

Fazit:
„Das Institut der letzten Wünsche“ beinhaltet eine zauberhafte Geschichte mit ernsten Aspekten. Nicht nur der Schreibstil sondern auch die Charaktere sind einzigartig und außergewöhnlich. Auch wenn die Geschichte im Ganzen nicht wirklich realistisch ist, so sind es doch einzelne Details.