Rezension

Rückkehr in mein Lieblinsuniversum - Fesselnd, magisch und bewegend.

La Belle Sauvage: The Book of Dust Volume One - Philip Pullman

La Belle Sauvage: The Book of Dust Volume One
von Philip Pullman

Bewertet mit 5 Sternen

His Dark Materials von Philip Pullman war bisher meine absolute Lieblingstrilogie. In den Büchern rund um den Goldenen Kompass entdeckte Lyra eine Welt, in der es um Wahrheit, das Erwachsenwerden, Verantwortung und Liebe ging. Mit La Belle Sauvage, dem ersten Band der 'The Book of Dust'-Trilogie, lässt uns Pullman nun mehr über Lyras Geschichte erfahren - wie kam es dazu, dass sie von beiden ihrer Eltern getrennt im Jordan College aufwuchs?

Held von La Belle Sauvage ist Malcolm, ein 11jähriger, kluger Junge, der täglich in der Wirtschaft seiner Eltern mithilft und dort fast alle Leute trifft, die ins Dorf kommen. Malcolm ist bescheiden und hilfsbereit und auch oft bei den Nonnen im nahegelegenen Kloster anzutreffen. So ist er auch relativ schnell darüber informiert, dass diese ein Baby haben, dass sie (mehr oder minder geheim) beschützen und versorgen sollen. Dieses Baby ist keine andere als Lyra selbst. Malcolm entwickelt einen großbrüderlichen Beschützerinstinkt und interessiert sich sehr für das Wohl des Kindes. Durch eine Zufallsbekanntschaft erfährt er mehr darüber, welche geheimen Organisationen Interesse daran haben, Lyra in ihre Gewalt zu bringen. Es geht - wie sollte es anders sein - um Dust ('Staub') und den Vorherrschaftsanspruch der Kirche - oder dem, was in Lyras Welt darunter verstanden wird - genauso wie in der ersten Trilogie. Als ein gefährlicher Mann Lyra entführen will, handeln Malcolm und die Aushilfe seiner Eltern, Alice, instinktiv und mutig: Sie nehmen Lyra mit sich und flüchten in Malcolms Kanu La Belle Sauvage, dem das Buch seinen Namen verdankt. Dieses Kanu wird für mehr als die Hälfte des Buches zum hauptsächlichen Aufenthaltort von Malcolm, Alice und Lyra, denn die Welt wird von einer Jahrtausendflut heimgesucht, die alles und jeden mit sich reißt und Wege zu anderen Welten öffnet. Obendrein nimmt der gescheiterte Entführung die Verfolgung auf.

La Belle Sauvage zu lesen ist wie die Rückkehr in eine geliebte Welt. Wieder über die innige Beziehung zwischen Menschen und ihren daemons zu sinnieren und dem politischen Kampf zwischen Bevormundung und freiem Denken zu folgen ist spannend, bewegend und herausfordernd. Pullman zieht einen im Nu in den Bann einer Welt, die so viel mit unserer gemein hat und doch so vollkommen anderst ist. Malcom ist ein tapferer, junger Charakter, der Lyra in der ersten Trilogie in nichts nachsteht. Im Gegensatz zu anderen mehrbändigen Büchern erzählt La Belle Sauvage eine in sich geschlossene Geschichte, die zwar Raum für eine Fortsetzung lässt, aber trotzdem einen Punkt erreicht, der als befriedigender Abschluss einer abenteuerlichen Reise funktioniert. Das ist für mich als Leser sehr befriedigend. Das Buch ist durchzogen mit Metaphern und Symbolen, die dem Leser nicht unbedingt alle erklärt werden, teilweise vielleicht auch in den geplanten Folgebänden noch aufgelöst werden. Das macht es zu einer ähnlich tiefen Grundlage für philosophische Betrachtungen, wie es HDM ebenfalls waren. Religion, Politik, Persönlichkeitsentwicklung und Menschsein sind nur ein paar Aspekte, auf die Pullman seine Leser stößt, auch wenn dies nur sekundär geschieht, denn die spannende Handlung ist stark genug, um auch ohne tiefere Botschaft mitzureißen.

Ein Muss für jeden klugen heranwachsenden Leser, der die erste Trilogie kennt!