Rezension

Runde Sache im Eckigen!

Britt-Marie war hier
von Fredrik Backman

Bewertet mit 4 Sternen

Eine 63-Jährige mit extremem Putzfimmel sucht nach ca. 40 Jahren des reinen Hausfrauentums einen Job. Schon die nette Dame vom Arbeitsamt bekommt die volle Breitseite von der selbstverständlich völlig vorurteilsfreien und liberalen Britt-Marie ab. Trotzdem findet die Frau einen Job für sie, in der, von der Wirtschaftskrise quasi zugrunde gerichteten Gemeinde Borg. Dort rückt sie mit Unmengen Natron und ihren speziellen Wertvorstellungen an - die erste Katastrophe lässt nicht lange auf sich warten und es werden noch weitere folgen. Doch Britt-Marie wäre nicht sie selbst, würde sie nicht auch für positive Überraschungen sorgen.

Der Beginn war mir etwas zu zäh und das Gewöhnen an die Protagonistin fiel mir nicht gerade leicht. Ihr Putz- und Ordungsfimmel ist extrem ausgeprägt (beginnend bei einer täglichen Reinigung der Matratze mit Natron, bis zu einer „richtig“ sortieren Besteckschublade, die ALLES über den Charakter aussagt…)und sie scheint über Jahrzehnte nur für ihren Mann gelebt zu haben, ohne eigene Wünsche und Perspektiven, bis ihr keine andere Möglichkeit mehr bleibt. Nach einer gewissen Zeit hatte ich mich jedoch an die Marotten gewöhnt, anderes tat in den Fokus und dank ihrer Weiterentwicklung wurden ihre Vorstellungen von einem ordentlichen Leben, ihre Vorurteile und speziellen Verhaltensweisen eher amüsant, als anstrengend. Sie ist zwar noch immer seltsam und anstrengend, aber wird von Seite zu Seite liebenswürdiger. Die gebeutelte Gemeinde Borg, sowie ihre Bewohner haben mir von Beginn an sehr gut gefallen. Die Gemeinde hat ihre besten Tage schon hinter sich, doch die Bewohner halten sich – trotz Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit-  mit ihrer Leidenschaft für Fußball, sowie einen gewissen Zusammenhalt wacker. So richtig kommen die Einwohner aber erst durch Britt-Marie in Wallung…Die Nebencharaktere wurden sehr schön herausgearbeitet und haben eine runde Sache aus dem Buch gemacht.

Die Geschichte als solche steigerte sich beständig und lieferte den Witz, die Emotionalität und das Drama, welches ich vorab erwartet hatte. Man erfährt, wie Britt-Marie zu der wurde, die sie war, während man ihre Weiterentwicklung verfolgen kann. Es kommen auch weitere spannende Elemente, sowie sehr traurige hinzu, aber auch die Liebe kommt nicht zu kurz… Mir persönlich kam sehr zupass, dass Fußball mit all seinen Facetten ein wichtiges Element des Buches darstellte. Der Autor hat eine gute Mischung geschaffen, die mich überzeugte.

Das Ende hat mich nachdenklich zurückgelassen, denn es lässt einigen Spielraum. Letztlich gefällt es mir aber sehr und ich weiß, wo „meine“ Britt-Marie war und wo sie nun ist (natürlich noch immer mit einer großen Portion Natron)

 

Fazit:Runde Sache im Eckigen (Format=Buch*g*)!