Rezension

Runder Abschluss

Die Geschichte des verlorenen Kindes - Elena Ferrante

Die Geschichte des verlorenen Kindes
von Elena Ferrante

Bewertet mit 5 Sternen

Dies ist nun der letzte Teil der neapolitanischen Saga. Ein letztes Mal über Elena und Lila zu lesen, machte mich doch wehmütig. Nach drei intensiven Bänden sind die beiden Freundinnen mir doch ans Herz gewachsen, obwohl beide nicht ganz einfach sind.

Nun im vierten Band machen beide Frauen noch mal eine Entwicklung durch und vor allem Elena scheint endlich unabhängig von Lila zu werden. Bei Männern scheint sie aber wieder kein Glück zu haben. Sie lässt sich von Nino täuschen, für den sie Mann und Kinder aufgegeben hat. Aber selbst die Warnung von Lila schlägt sie in den Wind. In dieser Hinsicht ist Elena wirklich naiv und/oder blind vor Liebe. Lila dagegen konzentriert sich auf ihre Kariere und ist erfolgreich. Aber mit dem Erfolg kommt es auch zu Machtkämpfen mit der Mafia.

Auch in ihrem letzten Teil zeichnet Ferrante ein komplexes Bild Italiens mit seiner patriarchischen Gesellschaft, in dem man als Frau kämpfen muss, um aus den durch Geschlecht und Herkunft bestimmten Zwängen herauszubrechen. Die beiden Protagonistinnen haben unterschiedliche Wege gefunden ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das lag zum Einen an ihren sehr unterschiedlichen Charakteren und zum Anderen an ihrer unterschiedlichen Ausgangslage. Trotz der Unterschiede ist ihr Band der Freundschaft auch über Jahrzehnte nicht zerrissen.  Auch wenn für mich diese Freundschaft immer merkwürdig war, nicht gleichberechtigt, freute ich mich wenn sich die beiden Frauen annäherten und litt mit ihnen als sie sich entfernten.

Neben diesem auf und ab der Freundschaft und dem Leben der Frauen gefiel mir, dass Ferrante immer wieder näher auf die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe in Italien einging. Dabei war sie nicht plakativ, sondern webte die Informationen sehr gut in die Leben der Protagonisten ein. Dennoch die größte Stärke auch in diesem Band sind die Charaktere, die Ferrante mit viel Liebe zum Detail zeichnet. Sie sind nicht immer sympathisch, aber für mich sehr real und menschlich.  

Für mich bildet der letzte Band einen runden Abschluss, auch wenn es die Autorin wieder geschafft hat mich zu überraschen. Elena und Lila werde ich so schnell nicht vergessen.