Rezension

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Epidemie - Åsa Ericsdotter

Epidemie
von Åsa Ericsdotter

Bewertet mit 5 Sternen

Seit nunmehr vier Jahren ist die Gesundheitspartei die führende Partei in Schweden und der Präsident, Johan Svärd, macht alles, um seine Position beibehalten zu können. Er versucht mit allen Mitteln der Epidemie, die in Schweden herrscht, entgegenzuarbeiten, nämlich der Fettepidemie. Menschen werden nun nach dem Fettindikator eingeteilt, selbst für Babys gibt es nun die Magenband-OP, für die sich Eltern gleich nach der Geburt melden können, Pillen jeglicher Art werden eingesetzt, Hauptsache sie machen dünn. Zuckersteuer, Dickensteuer werden erhoben und Schweinefleisch wird verpönt, es geht sogar so weit, dass Übergewichtige, die eine bestimmte Grenze beim Fettindikator überschreiten, in sogenannte Fett Camps gebracht werden, Diäten und Training sollen auch den letzten Übergewichtigen an den Speck. Doch was geschieht wirklich hinter den Zäunen der Camps?

Meine Meinung:

Der Einstieg in die Geschichte fiel mir sehr leicht, denn die Autorin verfügt über einen sehr flüssigen und auch mitreißenden Schreibstil, der mich in kürzester Zeit ans Geschehen fesselte und mich dazu brachte, das Buch nicht mehr aus der Hand legen zu können. Mit ihrem Debüt gelingt Asa Ericsdotter ein wirklich rasant erzählter Thriller, der in erschreckend glaubwürdiger Manier eine Situation beschreibt, die man sich heutzutage kaum noch vorstellen kann oder vielmehr mag. Aber es gelingt hier perfekt, dass man das gesamte Geschehen direkt vor Augen hat und für mich gibt es auch kaum Zweifel, das genau so etwas passieren könnte. Die Darstellung, wie schnell Menschen sich beeinflussen lassen und blind jemanden folgen, ist wirklich gelungen und beängstigend, so dass ich immer wieder zum Nachdenken gebracht wurde. Zumal die Ereignisse, die hier geschildert werden, sehr erschreckende Parallelen zur Nazizeit in Deutschland zeigen, zumindest wurde ich permanent daran erinnert, auch wenn es hier perfekt auf die heutige Zeit angepasst wurde. Wieder einmal geht es um die Macht- und Geldgier eines größenwahnsinnigen Einzelnen, der ganz nach dem heutzutage gängigen Schönheits- und Schlankheitswahn der Menschheit agiert und sich diesen zu Nutzen macht. Schonungslos und schockierend werden Situationen geschildert, bei denen sich mir die Härchen im Nacken aufstellten, seien es die Magenband-Operationen bei Säuglingen oder der Wahn einer jungen Frau, die sich sogar aus Angst vor der Fettepidemie zu Tode hungert, alles ist geschickt miteinander verwoben. Dabei ist das Ganze noch so spannend erzählt, dass das Buch zu einem wahren Pageturner wurde und dank der kurzen Kapitel musste ich dann auch immer weiter und weiter lesen. Die Spannung kann sich nicht nur halten, sondern steigert sich immer mehr. Ein personeller Erzähler beschreibt hier die Ereignisse sehr ruhig und fast schon sachlich, so dass das Ganze noch einmal mehr erschreckend erscheint. Dabei wechseln die Perspektiven zwischen verschiedenen Charakteren, zu denen ich auch sehr schnell Verbindungen aufbauen konnte. Da wäre Professor Landon, der sich vor kurzem erst von seiner Freundin, die dem Schlankheitswahn völlig verfallen ist, getrennt hat. Er flieht regelrecht aus der Stadt ins Ferienhäuschen seines Vaters und lernt dort Helena und deren Tochter Molly kennen, die ebenfalls auf der Flucht sind, allerdings im wahrsten Sinne des Wortes. Alle drei wollen sich nicht beugen vor Präsident Svärd, der den Übergewichtigen immer mehr Anordnungen erteilt. Dabei sind mir alle drei Personen sehr sympathisch und ich mochte sie umgehend. Ihre Handlungen bleiben leicht nachvollziehbar und sie waren schnell so etwas wie gute Bekannte. Dann wäre da die ehemalige Uniangestellte und Autorin Gloria, die zunächst noch versucht, sich zu widersetzen, doch schon bald vor Angst vor der Öffentlichkeit, den Schutz der eigenen vier Wände vorzieht. Auch in ihre Situation konnte ich mich sehr schnell einfühlen und spürte ihre Ängste regelrecht. Zu guter Letzt wäre da noch Präsident Svärd selber, der hier eine der wichtigen Rollen spielt. Dieser ist ebenfalls sehr gut charakterisiert und auch wenn ich persönlich sein Handeln weder gut heiße noch nachvollziehen kann und möchte, war er doch sehr realistisch. Ich habe ihm durchaus abgenommen, wie sehr er nach Macht strebt und dabei vor nichts und niemanden Halt macht.

Mein Fazit:

Ich habe gelesen, dass Asa Ericsdotter mit ihrem Thriller wachrütteln möchte und dieses ist ihr ohne Frage auch gelungen. Sie konnte mich absolut fesseln, aber auch schockieren und auch wenn ich mir hin und wieder die Frage stellte, ob so etwas wirklich möglich wäre, blieb diese Frage doch rein rhetorisch. Sie zeigt hier erschreckend glaubwürdig und realistisch, wie sehr sich Menschen durch geschickte Propaganda beeinflussen lassen und wie schnell sie andere unterdrücken können. Auch wenn die Geschichte uns eigentlich eines besseren gelehrt haben sollte, so scheinen die Ereignisse doch nicht allzu weit hergeholt. Ich sage nur: UNBEDINGT LESEN!