Rezension

Schloss aus Glas - funkelnd und zerbrechlich

Schloss aus Glas - Jeannette Walls

Schloss aus Glas
von Jeannette Walls

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Schloss aus Glas will der Vater für seine Familie bauen, und er hat lange an den Plänen herumgetüftelt, bis alles wirklich perfekt ist. Aber dafür braucht er Geld, also soll erst eine Goldsuchmaschine her. Rex Walls ist hochintelligent und kennt sich in vielen Wissenschaften aus, er kann so ziemlich alles reparieren, aber sein Leben und das seiner Familie bekommt er nicht in den Griff. Seine Frau ist zwar gelernte Lehrerin, doch möchte sie sich lieber als Malerin und Schriftstellerin verwirklichen. Die vier Kinder werden geliebt und vernachlässigt. Der Vater geht mit Jeannette auf Dämonenjagd und hilft ihr, ihre Ängste zu bewältigen, er schenkt ihr zu Weihnachten einen Stern, doch es berührt ihn nicht, als die Dreijährige sich beim Kochen verbrennt - sie ist ja schon so selbstständig. Und wenn die Schulden wieder überhand nehmen, werden kurzerhand die Sachen gepackt und die Stadt über Nacht verlassen, um woanders einen neuen Anfang zu machen und ein neues Glück zu suchen. Immer mehr verliert er den Boden unter den Füßen, wird zum Säufer und zum skrupellosen Betrüger, der sogar die Ersparnisse seiner Kinder stiehlt...

Jeannette Walls hat mit diesem Buch ihre Kindheit wieder aufleben lassen. Als kleines Mädchen kennt sie kein anderes Leben, sie glaubt den Versprechungen der Eltern und fühlt sich glücklich. Doch immer mehr stellt sie dieses Leben in Frage. Wenn ich lesen muss, wie sie als Dreijährige kocht oder als Schülerin in den Abfallkörben etwas zu essen sucht, wird mir übel. Trotz all dieser sicherlich traumatischen Erlebnisse wird sie zu einer starken Frau, die Karriere macht und eine glückliche Beziehung findet - einfach bewunderswert. Die Geschwister halten zusammen. In der Eingangsszene ist Jeannette per Taxi unterwegs zu einer Party, als sie ihre obdachlose Mutter in den Mülltonnen wühlen sieht. Sie verleugnet ihre Mutter, kehrt zurück und stellt sich ihren Erinnerungen. Die Schlussszene schildert ein Familientreffen: Trotz aller Gegensätzlichkeiten können die Geschwister ihre Mutter und deren selbst gewählte Lebensweise akzeptieren. Ein starkes Buch von einer starken Autorin.