Rezension

Schmerz und Liebe

Schmerz
von Zeruya Shalev

Schmerz kennt die 45jährige Iris zu genüge: Vor zehn Jahren wurde sie bei einem Terroranschlag schwer verletzt und hat lange gebraucht, bis sie wieder in ein Alltagsleben zurückfand. Doch davor gab es schon seelischen Schmerz: Die Vierjährige musste den Tod ihres Vaters ertragen, die Siebzehnjährige, die mit ihrem Freund zusammen dessen todkranke Mutter gepflegt hat, musste fassungslos erleben, dass ihr geliebter Freund sie nach deren Tod verließ. Es fiel ihr schwer, sich ein neues Leben aufzubauen, doch inzwischen ist sie verheiratet, hat eine erwachsene Tochter und einen fast erwachsenen Sohn und ist als Direktorin einer Schule mit besonderem pädagogischen Ruf erfolgreich. Dieses gesicherte Leben gerät plötzlich aus den Fugen: Die alten Schmerzen flammen wieder auf, und in dem behandelnden Arzt erkennt sie ihre Jugendliebe Eitan wieder. Wie viele Jahre zuvor fühlen sie sich beide zueinander hingezogen und einander zugehörig. War das bisherige Leben ein Fehler? Soll sie es aufgeben und noch einmal neu beginnen? Aber kann man überhaupt die Vergangenheit wieder aufleben lassen?

Dieser Roman von Zeruya Shalev handelt von Schmerz, körperlichem und seelischem; von Verlust und Trauer; von Verrat und Vergebung; von verschiedenen Formen der Liebe und Leidenschaft. Neben diesen urmenschlichen Themen hat der Roman auch eine zeitgenössische Komponente: Das Leben im heutigen Israel, mit der steten Gefahr von Attentaten und der ständigen Präsenz des Militärs, bildet den Hintergrund. Auch der religiöse Hintergrund wird immer wieder angedeutet, so in der Erzählung von Josef, der von seinen Brüdern nach Ägypten verkauft wird und ihnen später als Pharaos rechte Hand gegenübersteht. 

Wie Iris sich nun entscheidet, soll nicht verraten werden. Aber als Leser habe auch ich mir die Frage gestellt, ob ich mein Leben gern noch einmal umkrempeln und an einem bestimmten Punkt in der Vergangenheit anknüpfen möchte. Was zählt im eigenen Leben? Und so bietet der Roman mehr als nur bloße Unterhaltung.

Kommentare

Naibenak kommentierte am 15. Januar 2016 um 10:43

Danke für die tolle Rezi und Erinnerung daran, dass ich dieses Buch schon längst einmal lesen wollte ;) Klingt sehr gut, deshalb muss es bald auch bei mir einziehen ;) Liebe Grüße!