Rezension

Schnell vorbei, hallt aber lange nach

Der Brief
von Carolin Hagebölling

Bewertet mit 5 Sternen

"Der Brief" erscheint im ersten Moment die typische Geschichte einer jungen Frau zu sein, deren Leben eigentlich perfekt läuft, die aber dann in eine geheimnisvolle Begebenheit verstrickt wird. Doch schon sehr bald merkt man als Leser, dass es sich hier nicht nur um das übliche Familiengeheimnis oder einen Streich handelt, sondern man gerät mit der Protagonistin in einen Sog zwischen Realität und Vorstellung, der schwer einzugrenzen ist.
Es ist mir selten so schwer gefallen, meinen Eindruck eines Buches in Worte zu fassen, denn ich könnte zu diesem Buch eigentlich ganz viel sagen, auf der anderen Seite aber auch wenig, denn dann Ende hat mich zugegebenermaßen völlig aus der Bahn geworfen, andererseits aber auch stark fasziniert und beschäftigt mich nachhaltig.
Marie ist eine sympathische Protagonistin, obwohl ihr Handeln sie durchaus in eine moralische Zwickmühle bringt. Ich möchte nicht zu viel über die Parallelwelten erzählen (wenn man es so nennen kann), in denen die Handlung spielt, aber dort finden sich in jedem Fall sehr authentische und gut beschriebene Charaktere, die ich gerne noch weiter begleiten würde.
Ganz groß hervorheben möchte ich den Schreibstil der Autorin, denn das Buch war wirklich sehr gut zu lesen und ich konnte es kaum aus der Hand legen - ich hoffe, von Carolin Hagebölling noch mehr (und Längeres) zu lesen! Die Länge des Romans ist eigentlich zu kurz, aber retrospektiv gesehen perfekt. Er ist schnell vorbei, hallt aber lange nach.
Für Fans von "Das Buch der Spiegel", die psychologische Spannung ohne Kriminalfall erleben möchten. Irgendwie verrückt, irgendwie gut :)