Rezension

schockierend, gefühlvoll, fesselnd – emotionale Achterbahnfahrt für Protagonisten und Leser

Verloren in der grünen Hölle - Ute Jäckle

Verloren in der grünen Hölle
von Ute Jäckle

Bewertet mit 4.5 Sternen

 

Eigentlich waren Elena und ihre zwei Freundinnen auf dem Weg zum Shoppen. Doch aus dem geplanten ruhigen Tag wird ein Alptraum: sie werden entführt und in den kolumbianischen Dschungel verschleppt. Von den Entführern verschreckt und bedroht, bangen die drei um ihr Leben. Doch schnell stellt sich heraus, wie unterschiedlich ihre zwei Kidnapper sind. Während Carlos auch vor Gewalt gegenüber den Mädchen nicht zurückschreckt, schüchtert der jüngere Rico die drei durch sein Verhalten zwar auch ein, versucht aber gleichzeitig, sie vor den Wutausbrüchen seines Cousins zu bewahren. Wie kann es sein, dass Elena ausgerechnet zu dem Mann, der sie so plötzlich aus ihrem ruhigen Leben gerissen hat, hingezogen fühlt?

Ute Jäckle hält sich nicht mit langen Vorreden auf – das Buch beginnt direkt mit der Entführung und zieht den Leser somit sofort in die packende Geschichte hinein.
Die Handlung ist durchweg spannend, da den Protagonisten kaum eine Ruhepause gegönnt wird. Ein Ereignis jagt das nächste und jedes Mal, wenn die entführten Mädchen denken, das Gröbste überstanden zu haben, bricht ein neuer Wutanfall aus Carlos heraus.

Jäckles detaillierter Schreibstil trägt dazu bei, sich richtig in die Geschichte hineinzufühlen: Landschaftsbilder sind ebenso anschaulich wie die Gewaltanwendungen beschrieben, sodass man einen authentischen Eindruck vom dem Schrecken im Dschungel bekommt, der auch beim Leser zu Gänsehaut und Aufregung führt. Der überwiegend personale Erzählstil, der die Sicht auf das Erlebte wechselnder Figuren beschränkt, sorgt allerdings dafür, dass ein Teil der grausamen Details nur in ihren Auswirkungen ersichtlich wird – was sie nicht weniger erschreckend macht, das Buch dadurch aber auch nicht mit dem brutalen Einzelheiten überlädt.

Im Kontrast zu der schonungslosen Behandlung der Geiseln steht die sich langsam anbahnende Liebesgeschichte zwischen Elena und Rico. So unwahrscheinlich diese Konstellation auch sein mag, dass Entführte und Entführer zueinander finden, so nachvollziehbar ist es doch in seinem Verlauf geschildert. Wobei es schon die ein oder andere Stelle gab, bei der ich mich gefragt habe, ob die beiden das jetzt gerade zu genau diesem Zeitpunkt wirklich ernst meinen...

Die Hauptcharaktere sind insgesamt sehr facettenreich geschildert. Jeder zeigt verschiedene Seiten seiner Persönlichkeit, wobei gerade die außergewöhnliche Situation, in der sie sich befinden, immer wieder zu extrem heftigen Reaktionen führt. Besonders Elena habe ich sehr schnell ins Herz geschlossen. So naiv und unbedacht sie sich auch teilweise verhält, ist es doch spannend zu verfolgen, wie trotzig sie sich ihren Entführern gegenüber immer wieder gibt. Auch wenn sie sich damit jedes Mal Ärger einhandelt, kann sie ihr Temperament einfach nicht zügeln.

Überrascht war ich, wie viel Zeit der Handlung noch außerhalb des Dschungels verbracht wird. Dieser Abschnitt fügt sich sehr gut an die vorherige Handlung an und auch hier verliert die Geschichte weder an Tempo noch an Spannung, auch wenn es manchmal schon fast etwas zu viel wird. So fragt man sich als Leser irgendwann, ob denn wirklich immer nochmal etwas Neues passieren muss. Zum Luftholen bleibt da kaum Zeit und es gibt einige Überraschungs- und Schockmomente, bevor das Buch mit einem versöhnlichen, wenn auch recht offenen Ende abschließt - Jäckle gibt nur eine ungefähre Richtung, wie die Zukunft aussieht, entscheidet die Fantasie des Lesers.

 

Eindrucksvolle Naturbeschreibungen, ruhige und gefühlvolle Szenen, Momente voller Gewalt, Hass und Trauer – Verloren in der grünen Hölle ist ein Buch voller Gegensätze, dass auch im Leser viele verschiedene Emotionen hervorruft. Die packende Handlung und der detaillierte Schreibstil fesseln den Leser ans Buch und ziehen ihn geradewegs mit in die grüne Hölle...