Rezension

Schön erzählte Familiengeschichte

Häuser aus Sand - Hala Alyan

Häuser aus Sand
von Hala Alyan

Bewertet mit 4 Sternen

„Häuser aus Sand“ ist ein Roman über die Gemeinschaft, die uns alle prägt, die Familie, und über den Ort, der für uns alle lebensnotwendig ist, das Zuhause.

So heißt es im Klappentext zu Hala Alyans Roman über vier Generationen einer palästinensischen Familie. Im Mittelpunkt stehen, wie so oft, die mehr oder weniger „starken“ Frauen. Sie alle müssen den Verlust dieser lebensnotwendigen Verankerungen im Leben erleben. Das von ihnen geschaffene Zuhause erweist sich ein ums andere Mal als ein „Haus aus Sand“ (die „Salt Houses“ aus dem Original hätte man meiner Meinung nach beibehalten können; auch ihre Vergänglichkeit wird durchaus deutlich).

Salma und Hussam mussten 1948 nach Ende des britischen Mandats in Palästina und der Gründung des Staates Israels ihre Heimat Jaffa verlassen, wo sie eine große Orangenplantage führten. In Nablus finden sie ein neues Zuhause, hier wachsen ihre Kinder Widad, Mustafa und Alia auf. Diese können das Festhalten ihrer Mutter an alten Gewohnheiten, ihre Sehnsucht nach Jaffa und ihre Traurigkeit nicht ganz verstehen. Bis sie in Folge des Sechstagekriegs nicht nur ihr Haus, sondern auch den Bruder Mustafa verlieren. Die Familie wird getrennt.

Alia zieht mit ihrem Mann Atef nach Kuweit. Alia hasst das Land, die Hitze, sehnt sich nach ihrer Mutter und der Schwester, die in Amman/Jordanien Zuflucht finden. Hierhin fährt sie die Sommer über mit ihren Kindern Riham, Karam und Souad, entfernt sich mehr und mehr von Atef. Sie ist eine unduldsame, wenig warmherzige Mutter. Besonders die unattraktive Riham leidet darunter, sucht Zuflucht im Glauben, im Islam. Souad wiederum rebelliert, führt ihr eigenes Leben, in Paris, London, später in Boston und Beirut.

Die Kinder, die vierte Generation wiederum, ist in alle Winde zerstreut. Und sucht doch immer auch nach den Wurzeln, nach Zugehörigkeit, nach Beständigkeit.

Hala Alyan schreibt keinen innovativen Roman. Geschichten von entwurzelten Familien, gerade auch aus dem nahöstlichen Teil der Welt, sind nicht eben selten. Viele Muster hat auch die Autorin verwendet, beispielsweise die starken Frauen, die wechselnden Perspektiven, die chronologisch voranschreitenden Zeitsprünge. Auch das Milieu der wohlhabenden, gutbürgerlichen, gebildeten Großfamilie ist vertraut. Weniger häufig allerdings erfolgen sie aus palästinensischer Sicht. Das ist so positiv wie die ruhige, souveräne Erzählweise, der man bei aller Konventionalität gerne folgt. Zeithistorische Verwerfungen bilden stets nur den Rahmen des Familienlebens, bekommen aber niemals wirklich Platz in der Geschichte. Ein wenig bedauerlich finde ich, dass die Autorin ihre Geschichte an keiner Stelle aus ihrer doch recht engen Perspektive auf eine wohlhabende palästinensische Familie mit all ihren Möglichkeiten und Verbindungen öffnet. Weder in andere Gesellschaftsschichten, noch gar auf die israelische Seite des Konflikts wird ein Blick geworfen. Und so wird aus „Häuser aus Sand“ niemals mehr als eine schön erzählte Familien- und Frauengeschichte. Das ist ein wenig schade.