Rezension

Schöne Geschichte mit einigen Mankos

Die wundersame Geschichte der Faye Archer
von Christoph Marzi

Bewertet mit 4 Sternen

Ach ja, eigentlich mag ich Christoph Marzi sehr. Die Reihe um die dunkle Metropole ist ein stetes Highlight der Jugend-Urban Fantasy. Jeder Band Marzis zeichnet sich durch seinen ganz typischen Schreibstil aus, der nicht nur sehr poetisch ist, sondern auch gespickt ist von verschiedenen Bezügen zur Musik- und Literaturwelt. Sein Schreibstil ist nicht für jedermann, man muss ihn mögen und ich mag ihn.
In diesem Buch entführt Marzi den Leser nach New York, wo er Faye Archer kennenlert. Eine junge Frau Ende 20, die ihren Lebensunterhalt in einer kleinen Buchhandlung verdient, die einem ehemaligen Shaolin-Mönch gehört, der nun Yoga-Kurse gibt und in seinem Laden aus Leidenschaft Comics verkauft. Faye ist nebenbei Musikerin und schreibt gerade Lieder für ein bald anstehendes Konzert, als ihr im Laden Alex über den Weg läuft und ihr bisher beschauliches Leben gehörig auf den Kopf stellt.
Das Buch hat einen, wie ich finde, sehr gelungenen Einstieg. Ich war direkt mitten in der Geschichte und durch ihr Handeln, war sehr schnell klar, was Faye für ein Mensch ist. Mir ist sie zudem spontan dadurch sehr ans Herz gewachsen, war sie doch leicht chaotisch und sehr sympathisch. In vielen Dingen konnte ich mich bei ihr auch wiederfinden – das ist immer ein sehr positiver Punkt bei einem Buch. Die sich entwickelnde Handlung, als Alex in ihr Leben tritt, hat mir sehr gut gefallen, vor allem weil sie durch Marzis unverwechselbaren Schreibstil präsentiert wurde. Ich wollte unbedingt wissen, wie es nun mit den beiden weitergeht, so dass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand gelegt hatte und es in einem Rutsch durchlas.
Allerdings sind mir während des Lesens auch ein paar Dinge aufgefallen, die mir nicht so gut gefallen haben. Manche Dinge davon kenne ich schon aus anderen Marzi-Büchern und dass sie mir immer wieder auffallen, macht es nicht gerade besser:
Ein ganz großes Manko waren hier die musikalischen, literarischen und künstlerischen Anspielungen. Mag sein, dass ich hier auf dem Dorf hinter dem Mond lebe, aber bis auf eine paar Ausnahmen (Norah Jones) konnte ich mit keinem Namen etwas anfangen und dies ist auf Dauer nicht nur langweilig, sondern auch wirklich blöd. Wer möchte schon ständig einen Spiegel vorgehalten bekommen, wie wenig gebildet man doch auf manchen Gebieten ist. Sicher sind dies unwichtige Bereiche, aber dennoch steigert so etwas die Lesefreude nicht gerade. Vielleicht hat Marzi ja auch einfach nur einen sehr eigenartigen Geschmack – ich kann es nicht beurteilen, weil ich den Kram ja nicht kenne… Den Ausdruck Vaudeville habe ich schließlich mal gegoogelt um eine Bildungslücke zu schließen und festgestellt, dass man wirklich nicht wissen muss, was Vaudeville bedeutet… So etwas nervt.
Was ich auch nicht verstehen kann ist, wieso Marzi immer zu andere Länder als Schauplatz hernimmt. Was ist an Deutschland so schlimm, dass seine Geschichte nicht auch mal dort spielen könnte? London, New York, Spanien… Hier gibt es doch auch schöne atmopshärische Großstädte. Diese beiden Punkte stören mich (mittlerweile) so massiv, dass ich mir beim nächsten Marzi genau überlegen werde, ob und wann ich ihn lese…
Nicht so gelungen fand ich die extreme Musikfixierung in diesem Buch. Es ist nicht nur ständig die Rede von irgendwelchen Liedern von Sängern und Bands die ich nicht kenne und nie kennen werde, sondern Faye denkt ganz oft an Melodien. Da man sich Melodien nicht einfach beim Lesen selbst dazudenken kann, ohne auf Bekanntes zurückzugreifen, wenn man kein Musik-Jukie ist, wirkt es für mich überhaupt nicht. Ich wollte lieber wissen, wie es mit Faye und Alex weitergeht und nicht ständig an Melodien erinnert werden, die ich eh nicht hören kann. Hier wäre ein Soundtrack zum Buch wirklich mal eine schöne Sache gewesen. Zwar liefert Marzi am Ende des Buches eine Tracklist zu vorhandenen Stücken, doch davon kannte ich keines…
Die Erklärung, wieso es bei den beiden nicht läuft war mir irgendwie zu schnell ersichtlich. Ich hätte gern mehr Zeit und Raum gehabt mitzurätseln. Erst war ich mit Faye der Meinung, Alex würde nur lügen, doch dann war alles klar. Die Erklärung wie es dazu kam ist mehr als dürftig, nämlich nicht vorhanden und das finde ich für einen Autoren, den man eigentlich dem Fantasy-Genre zuordnet schon sehr mau. Zudem fand ich auch das Verhalten von Fayes bester Freundin Dana, welches am Ende auch aufgelöst wird, ebenfalls daneben. Ich möchte in einem solchen Buch, in dem es vorwiegend um Liebe geht und das auch mit einem Happy End enden soll, nicht mit solch einer Falschheit konfrontiert werden. Sicher, was Marzi beschreibt, könnte – was den Aspekt mit der Freundin angeht – aus dem Leben gegriffen sein, doch dem Leser so kurz vor Schluss noch so etwas regelrecht reinzuwürgen, fand ich wirklch daneben. So stelle ich mir die Menschen in einer Großstadt wie New York vor – und wie ich schon sagte, bald werde ich so etwas nicht mehr lesen können.
Wäre die Geschichte an sich nicht so gut erzählt worden und so mitreißend gewesen, das Buch wäre bei mir durchgefallen…

Fazit: Die wundersame Geschichte der Faye Archer ist ein im Grunde wundervoller Liebesroman, der von Marzis individuellem Schreibstil lebt und der so mitreißend geschrieben ist, dass ich das Buch nicht aus der Hand gelegt habe, bis ich wusste, wie es mit den beiden ausgeht. Aber Marzi übertreibt es für mein Empfinden mit seinem individuellen Schreibstil hier zu sehr. Dabei geht es eigentlich nicht um dieses Buch an sich, sondern um sein Gesamtwerk. Es haben mich Kleinigkeiten gestört, die danach in jedem Buch wieder aufgelegt wurden und hier ihren Höhepunkt in der absoluten Musikfixierung fanden. Wobei diese an sich nicht schlimm ist, eher die Tatsache, dass ich null Komma gar nichts mit der Musik aus dem Buch anfangen konnte, weder die Namen der Interpreten, der Songs oder gar der Genres sagt mir etwas – und das mag ich gar nicht!