Rezension

Schöne Geschichte über einen jungen Mann, der sich selbst findet

Die Sphinx von Montana - Pauls Toutonghi

Die Sphinx von Montana
von Pauls Toutonghi

Bewertet mit 4 Sternen

Zum Inhalt:
Khosi Saqr, Mitte 20, lebt mit seiner an Morbus Wilson erkrankten Mutter Amy in dem beschaulichen Örtchen Butte (Montana). Sein Leben wird von Routine und Zwangshandlungen bestimmt, Überraschungen und Chaos haben in Khosis Leben keinen Platz. Deshalb liebt er auch seinen Job als Museumsführer, der tagtäglich den gleichen Trott verspricht.

Khosis ägyptischer Vater verließ die Familie, als er noch klein war. Doch eines Tages kehrt der Vater zurück, um Amy die Scheidungspapiere zu überreichen, angeblich weil er todkrank ist und seine Angelegenheiten bereinigen möchte. Noch bevor Khosi auf ihn treffen kann, ist er schon wieder abgereist. Um seinen Vater noch einmal kennenzulernen, bevor dieser das Zeitliche segnet, beschließt Khosi Hals über Kopf, nach Kairo zu fliegen. Dort angekommen, wird er schnell von dieser chaotischen Stadt absorbiert. Er trifft auf seinen Vater, schleicht sich inkognito in seine ägyptische Familie ein und gerät schneller in die ominösen Machenschaften seines Vaters, der sich ein Gewirr aus Lügengeschichten zusammengesponnen hat, als ihm lieb ist...

Meine Meinung:
Mit „Die Sphinx von Monanta“ legt Pauls Toutonghi, selbst Halbägypter, ein schönes Buch vor über einen jungen Mann, der auf der Suche nach seinen Wurzeln ist. Die Sprache – in diesem Fall die deutsche Übersetzung – ist niveauvoll und eloquent, und das Buch liest sich sehr flüssig und schnell. Ich persönlich bin durch die Seiten regelrecht geflogen.

Anfänglich fand ich das Buch jedoch nicht sonderlich spannend. Das Leben in Butte fand ich ziemlich eintönig und langweilig. Abgesehen von Khosis Zwangshandlungen, den kleinen Austickern seiner Mutter und dem kurzen Intermezzo zwischen Khosi und seiner besten Freundin bietet das Leben dort nichts Interessantes. Auch die Geschichte von Butte mit dem Kupferabbau und der Verehrung des aus Butte stammenden Stuntman Evel Knievel (eine reale Figur) konnte mich nicht wirklich faszinieren. Da ich ein Faible für Ägypten habe, ging für mich der Spaß erst richtig los, als Khosi endlich in Kairo war.

Die meisten Figuren sind dem Leser auf Anhieb sehr sympathisch. Der etwas schräge Khosi, der sich liebevoll um seine kranke Mutter kümmert, mit einem tollen Sinn für Humor und viel Selbstironie. Die Mutter mit ihrem schrägen, krankheitsbedingten Verhalten, deren größte Leidenschaft, das Kochen ägyptischer Speisen, eine große Rolle in diesem Buch spielt, und die später wie eine Löwin an der Seite ihres Sohnes steht, um zu verhindern, dass er nochmal von seinem Vater verletzt wird. Die ägyptische Familie mit ihren resoluten Charakteren, die immer wieder für Schmunzler sorgen. Lediglich der Vater muss das ganze Buch über um die Sympathie des Lesers kämpfen. So ganz ist es ihm auch bis zum Schluss nicht gelungen, dass ich ihn mochte. Er hat zu viele krasse Lügen erzählt, bleibt eine zwielichtige Gestalt und hat Khosi und Amy zu lange alleine gelassen, als dass ich ihn zum Schluss als vollständig geläutert und vertrauenswürdig einstufen konnte.

Die Charaktere entwickeln sich im Laufe der Geschichte sehr stark weiter. Allen voran Khosi, der sich nach und nach von seinen Zwangshandlungen befreit, u. a. auch deshalb, weil er vor lauter neu gewonnener Action in seinem Leben schlicht und ergreifend vergisst, diese Zwangshandlungen konsequent beizubehalten. Auch seine Mutter macht große Fortschritte und beginnt letzten Endes damit, sich langsam mit ihrer Vergangenheit auszusöhnen.

Nicht gefallen hat mir allerdings das Erscheinen des Geistes von Khosis Ururgroßvater. Zwar waren die Dialoge zwischen Khosi und dem Geist recht amüsant, aber ich konnte nicht so recht einordnen, wozu dies dienen sollte, und es machte die Geschichte unrealistischer. Letzten Endes konnte der Autor aber auch hierfür eine zumindest halbwegs befriedigende Erklärung finden.

In einer  Zeit, in der fast nur noch Trilogien und Buchreihen veröffentlicht werden, kann man sich hier über eine abgeschlossene Geschichte freuen – die dennoch Platz bieten würde für eine Fortsetzung. Ich bin gespannt, ob wir nochmal etwas von Khosi hören bzw. lesen.