Rezension

Schöne Idee, leicht zu lesen

Silber - Das erste Buch der Träume
von Kerstin Gier

Bewertet mit 4 Sternen

Olivia „Liv“ Silber ist die Protagonistin in „Silber – Das erste Buch der Träume“ von Kerstin Giers Silber-Trilogie. Sie ist 16 und mit ihrer jüngeren Schwester Mia nach der Scheidung ihrer Eltern häufig umgezogen. Nicht nur von Ort zu Ort, sondern auch zwischen verschiedenen Kontinenten. Als ihre Mutter ihren Traumjob antritt, scheinen sie in London endlich sesshaft werden zu können. Doch kaum dort angekommen, werden sie mit Ernest, dem neuen Freund ihrer Mutter, konfrontiert und sollen kurze Zeit später bei ihm und seinen zwei Kindern Grayson und Florence einziehen. Abgesehen davon, dass niemand mit Ausnahme des verliebten Pärchens damit glücklich zu sein scheint, entdeckt Liv schnell, dass Grayson ein Geheimnis hat – und Geheimnisse ziehen sie magisch an. Als sie kurze Zeit später träumt, Grayson und seine Freunde auf dem Highgate Cemetary bei einer Dämonenbeschwörung zu beobachten, muss sie am nächsten Tag feststellen, dass es mehr als ein gewöhnlicher Traum war. Was die Jungs bereits können, in den Träumen anderer Menschen zu wandeln und sich im Schlaf in dieser Traumwelt zu treffen, scheint auch Liv gegeben zu sein. So durchstreift sie nachts das Traumland, während sie sich am Tage in das Leben an der neuen Schule einfinden muss, Herbstball inklusive. Doch Henry, ein Freund Graysons, geht ihr in beiden Welten nicht mehr aus dem Kopf. Aber was hat es mit dem Ritual auf sich, welches sie beobachtet hat? Die Wahrheit lässt Livs Zweifel am Übernatürlichen stark ins Wanken geraten.

Kerstin Giers Schreibstil ist einfach und leicht zu lesen. Der Zeilenabstand ist etwas größer und es sind weniger Zeilen pro Seite als normal, sodass die 430 Seiten sehr schnell von der Hand gehen. Die Kapitel sind kurz, dadurch gibt es immer gute Gelegenheiten, eine Pause einzulegen.
Eine Augenweide sind die schwarz-weißen Blumenranken am Rand der Seiten, die auch den Buchschnitt beeinflussen. Optisch hervorgehoben ist auch alle paar Kapitel ein Eintrag des „Tittle-Tattle-Blog“, der den neusten Tratsch der Schule verbreitet und stark an Gossip Girl erinnert. Natürlich ist es ein interessanter Nebenstrang, zu rätseln wer hinter „Secrecy“ steckt, aber es ist immer dieser fade Beigeschmack von „das gab es doch schon mal“. 

Dies ist das erste Buch, welches ich von Kerstin Gier gelesen habe. Nach wenigen Seiten war mir ein Punkt klar, der ihre große Fanbase erklärt: Die Charaktere sind umwerfend. Sie sprühen vor Charme, sind witzig und clever. Natürlich habe ich mir kurz die Haare gerauft, als Liv nicht erkennt, dass ein realer Herbstball bevorsteht und es sich nicht nur um ein Filmplakat handelt oder wie lange sie braucht, um zu erkennen, dass es keine normalen Träume sind. Aber irgendwie macht es auch Livs Persönlichkeit aus und dass Protagonisten alles viel schneller verstehen und akzeptieren, als es im echten Leben möglich wäre, sind wir leider aus der Literatur schon zu häufig gewohnt. Wirklich innehalten musste ich über Livs findigen Einfall, welchen Herzenswunsch sie aufschreibt. Genial!

Die Idee, aktiv durch Träume zu wandeln und die Darstellung über einen Flur und viele Türen, die sich optisch und durch ihre Barriere stark unterscheiden, ist sehr gelungen. Was mir im Buch total gefehlt hat, war eine Erklärung, wie Liv zu diesen Fähigkeiten gekommen ist. Vielleicht klärt sich das ja noch in einem der folgenden Teile. Bis zum Ende des Buches nimmt die Spannung immer weiter zu und der Twist am Ende kam für mich unerwartet. Vom Spannungsbogen also gelungen, wenn auch kein Pageturner für mich.

Am Ende erfolgte ein Ausblick auf den zweiten Teil, der mich schon sehr neugierig gemacht hat. Anscheinend wird es dort zwischen Liv und Henry krieseln, was ich ganz gut finde, war es jetzt doch etwas zu perfekt und einfach.

Insgesamt ist es einfach ein schönes Buch für zwischendurch. Die Idee ist faszinierend, die Handlung bietet jedoch Luft nach oben. Aber weil ich Liv einfach unfassbar sympathisch finde und mehrfach lachen musste, gibt es trotzdem noch 4 von 5 Sternen.