Rezension

Schöner Roman, der berührt

Später hat längst begonnen - Steffi von Wolff

Später hat längst begonnen
von Steffi von Wolff

Bewertet mit 4 Sternen

Hamburg. Leonor Sperber zu Lindenfels erhält kurz vor ihrem 50. Geburtstag die Diagnose unheilbarer Lungenkrebs. Der Arzt gibt ihr noch drei Monate zu Leben. Da Leonor keine Familie mehr hat und ihre Freundin Ninette Nups, genannt Nuspi, nicht mit dem ganzen Papierkram allein lassen will, organsiert Leonor schon mal ihre Beerdigung. Als sie sich ihr frisch erstandenes Grab anschauen will, lernt sie Hedwig „Hedy“ Bentham kennen. Sie ist die Witwe des Herrn, der sein Grab neben Leonors hat. Die beiden Frauen kommen ins Gespräch und verbringen den ganzen Tag miteinander. Hedy hat in ihrem Leben nichts erlebt. Sie hat immer nur an der Seite ihres Mannes Viktor in deren Scherzartikelfabrik gearbeitet und nichts vom Leben gehabt, geschweige denn etwas von der Welt gesehen. Leonor ist das genaue Gegenteil. Sie hat in ihrem Leben wirklich gelebt! Und dieses Gelebt-haben-Gefühl will sie nun auch Hedy geben. Es beginnt eine aufregende Zeit und eine intensive Freundschaft!

In diesem Roman geht es um die beiden von Grund auf verschiedenen Frauen Leonor und Hedy. Leonor nimmt kein Blatt vor dem Mund und geht mit ihrem bevorstehenden Tod sehr pragmatisch um. Hedy kann dies nicht verstehen und jammert Leonor immer vor, dass sie – Hedy – nie etwas vom Leben hatte. Sie hat zwar Unmengen an Geld, aber keine Zeit gehabt dieses auf den Kopf zu schlagen. Trotz des Altersunterschiedes von 25 Jahren entsteht zwischen den beiden eine große Freundschaft. Und die beiden haben noch einmal richtig Spaß. Erzählt wird diese Geschichte aus Sicht von Leonor. Der Leser erfährt einiges über ihre Gedankengänge. Und wie es ihr mit der Diagnose Tod geht. Trotz des harten Themas ist der Roman unterhaltend, da Leonor ihren bevorstehenden Tod akzeptiert und es teilweise auch mit Humor nimmt. Dies wird beispielsweise durch die Aussage auf S. 340 deutlich: „Wir reden über das Thema wie über einen Kinobesuch.“ Sie versinkt nicht im Selbstmitleid – eher im Gegenteil. Teilweise waren mir zu viele Wiederholungen im Text und es fehlte mir etwas an mehr Aktivität, aber dennoch war es nicht zäh. Mich hat diese Geschichte sehr berührt. Und man überlegt sich, was man denn selbst machen würde, wenn man die Diagnose bekommt, dass man nur noch drei Monate zu leben hat. Mir hat dieser Roman gut gefallen, da der Schreibstil sehr angenehm war und es nicht zu traurig war, sondern die beiden Hauptpersonen doch noch etwas die Sau rausgelassen haben. Sehr positiv bewerte ich, dass die Charaktere gut ausgearbeitet sind und man beim Lesen die Personen vor sich sieht. Von mir erhält dieser Roman vier von fünf Sternen.