Rezension

Schwach umgesetzte Zukunftsvision

The Circle - Dave Eggers

The Circle
von Dave Eggers

Bewertet mit 2 Sternen

Mae Holland ist überglücklich als sie durch ihre Freundin Annie einen Job beim „Circle“, dem angesagtesten Unternehmen der Welt bekommen hat. In einer nahen Zukunft haben die Innovationen der „Wise Men“ (Inhaber des Circle) Internet und Medien revolutioniert, Google und Facebook geschluckt und Hass und Spam durch Transparenz ersetzt. In einer Firma und einer Welt die alles sehen, alles wissen und alles verbessern will, beginnt Maes kometenhafter Aufstieg, die die Vollendung des Kreises (Completion of the Circle) in Reichweite bringt.

 

Dave Eggers' „The Circle“ thematisiert brandaktuelle Themen wie unsere zunehmende Transparenz im Netz (Stichwort „Gläserner Mensch“), die Macht der digitalen Medien aber auch unsere Abhängigkeit von ihnen und unseren Wunsch nach Anerkennung. Dafür vergebe ich gerne den zweiten Stern.

Die Art der Umsetzung dieses Inhalts hat mir dagegen überhaupt nicht gefallen. Hier ist warum:

Der Leser wird phasenweise nur mit Informationen zugeschüttet. Von „show don't tell“ scheint der Autor noch nichts gehört zu haben. Und bei der dritten detailreichen Erklärung des neuen Programms oder Mediums für Mae wird es dann auch ziemlich langweilig. Überraschende Wendungen sucht man vergeblich. Dem Leser ist sofort klar, wer „Kalden“ ist oder was am Ende des Buchs Hai, Oktopus und Seepferdchen symbolisieren sollen.

Der Charakter von Mae konnte mich weder reizen noch war sie mir sympathisch. Der Reiz von Dystopien oder kritischen Zukunftsvisionen liegt meiner Meinung darin, Protagonisten zu haben, die sich gegen diese Zustände auflehnen, eine Wandlung durchmachen, „Helden“ sind, die uns Leser inspirieren.

Mae ist den Zielen des „Circle“ und der totalen Transparenz völlig verfallen und damit das genaue Gegenteil. Sie ist durch ihre anerkennungsheischende Art noch nicht mal eine Anti-Heldin. Ihre Liebschaften waren obendrein total unnötig für die Handlung und verbreiteten nur die unterschwellige Meinung, dass Frauen und Männer nicht einfach Freunde sein können, sondern sofort miteinander in die Kiste springen.
Außerdem sehe ich kritisch, dass der Charakter Mae weiblich ist, während die Chefs alle drei Männer sind.

„The Circle“ wird von manchen als Satire bezeichnet, doch das empfinde ich nicht so. Dafür fehlte mir einfach die permanente Überspitzung. Es gibt immer wieder Charaktere, die den Tränen nahe sind oder zumindest beleidigt, wenn man nicht auf jede ihrer Nachrichten sofort reagiert. Das ist natürlich eine Anspielung auf das Sammeln von „Gefällt mir“s bei facebook oder auch den Zwang ständig über jede Kleinigkeit zu posten. Aber irgendwie passten diese Momente nicht zum ernsten Inhalt des Rests der Handlung.

Meiner Meinung nach geht nichts über DAS Buch über die totale Überwachung, nämlich „1984“. Auch wenn es in einer etwas ferneren Realität spielt als „The Circle“, es ist beklemmender, die Charaktere sind Helden und es hat die ultimative Wendung.