Rezension

Schwacher Abschluss einer ansonsten wunderbaren Trilogie

Amor-Trilogie 03: Requiem - Lauren Oliver

Amor-Trilogie 03: Requiem
von Lauren Oliver

Bewertet mit 2.5 Sternen

Nachdem ich von Band 1 und 2 der Trilogie beeindruckt und begeistert war, war Band 3 für mich leider eine herbe Enttäuschung.

Aber kommen wir trotzdem erstmal zum Positiven: der Schreibstil ist immer noch wunderbar, eindringlich und manchmal fast schon poetisch, mit großartigen Bildern und Metaphern. Einfach ein Traum! Originell ist die Geschichte auch nach wie vor, und man merkt wieder, wie perfekt die Autorin ihre Welt der Zukunft durchdacht hat.

Interessant fand ich auch, dass die Geschichte parallel von Lena und Hana erzählt wird. Hana hat den Eingriff inzwischen hinter sich und ist dem neuen Bürgermeister der Stadt versprochen. Sie lebt im Luxus und hat einen hohen sozialen Status, könnte also sehr zufrieden sein - aber irgendetwas stimmt nicht. Sie hat Gedanken und Gefühle, die sie nach dem Eingriff eigentlich nicht haben dürfte. Außerdem ist ihr Verlobter nicht der charmante, freundliche Mann, der er auf den ersten Blick zu sein scheint. Hanas Teil der Geschichte hat mir deutlich besser gefallen als Lenas Teil der Geschichte!

Warum war ich also enttäuscht?

Zum großen Teil lag das an Lena, die im zweiten Band eine so große persönliche Entwicklung durchlaufen hatte, von einem systemgläubigen, ängstlichen Mädchen zu einer starken jungen Frau, die die Gesellschaft und das System hinterfragt und beginnt, für das, an was sie glaubt, zu kämpfen. In diesem dritten Band macht sie in meinen Augen vieles davon wieder zunichte.

Dadurch, dass Alex sozusagen von den Toten auferstanden ist, ist sie natürlich in einer schwierigen Situation, die ihr viel Schmerz bringt. Und so denkt sie sich immer wieder, dass die Liebe vielleicht doch eine Krankheit ist, dass die Regierung vielleicht doch recht hatte... Wenigstens hält sie dennoch daran fest, dass die Menschen das Recht haben sollten, zu wählen - auch, wenn sie das Falsche wählen. Aber ich fand enttäuschend, dass sie ernsthaft daran denkt, dass die Liebe vielleicht "das Falsche" ist.

Die Dreiecksgeschichte zwischen Alex, Julian und Lena nimmt relativ viel Raum ein. Ich konnte durchaus verstehen, dass Lena jetzt nicht mehr weiß, was sie tun soll und wen von den beiden sie mehr liebt - aber ich fand nicht gut, wie sie damit umgeht. Sie teilt sich mit Julian das Bett, reagiert aber mit wütender Eifersucht, wenn Alex mit einem Mädchen redet. Sie kam mir oft zickig, kindisch, unfair und verbittert vor.

Der Band ist meinem Empfinden nach deutlich düsterer vor als die ersten beiden Bände. Es gibt nur wenig Hoffnung, der Widerstand muss schreckliche Rückschläge und enorme Verluste hinnehmen... Es steht mehr auf dem Spiel denn je, und dennoch konnte mich die Spannung einfach nicht richtig packen und manchmal zog sich die Handlung geradezu. Fliehen, Kämpfen, Hunger und Elend, Fliehen, Kämpfen... Ich hatte immer wieder den Eindruck, dass die Rebellen selber nicht genau wissen, was sie eigentlich vorhaben, abgesehen davon, die momentane Regierung zu stürzen - aber was kommt danach?

Auch das Ende konnte mich leider nicht überzeugen, denn es kommt sehr abrupt und es bleibt sehr viel offen. Natürlich wäre es nicht realistisch gewesen, wenn es jetzt direkt die schöne neue Welt gibt, wenn alle Probleme sofort gelöst werden... Es soll sicher auch zeigen, dass der Preis der Freiheit eben ist, dass die Dinge manchmal auch unsicher sind, dass es nicht immer die perfekte Lösung gibt. 

Aber dennoch hätte ich gerne nach dem Ende noch ein paar Kapitel gehabt, in denen zumindest angedeutet wird: Wie soll es weitergehen mit dieser Welt?

Fazit:
Trotz des wunderbaren Schreibstils war der dritte Band der Amor-Trilogie für mich leider eine große Enttäuschung, denn trotz aller Gefahren und Hindernisse kam für mich keine richtige Spannung auf, und vor allem hatte ich den Eindruck, dass die Protagonistin deutliche Rückschritte in ihrer persönlichen Entwicklung macht. Auch das Ende konnte mich nicht überzeugen.