Rezension

Schwacher, oberflächlicher Anfang, der sich deutlich steigert

Die Tribute von Panem 2. Gefährliche Liebe - Suzanne Collins

Die Tribute von Panem 2. Gefährliche Liebe
von Suzanne Collins

Klappentext:
Seitdem Katniss und Peeta sich geweigert haben, einander in der Arena zu töten, werden sie vom Kapitol als Liebespaar durch das ganze Land geschickt. Doch da ist auch noch Gale, der Jugendfreund von Katniss. Und mit einem Mal weiß sie nicht mehr, was sie wirklich fühlt – oder fühlen darf. Als immer mehr Menschen in ihr und Peeta ein Symbol des Widerstands sehen, geraten sie alle in große Gefahr. Und Katniss muss sich entscheiden – zwischen Peeta und Gale, zwischen Freiheit und Sicherheit, zwischen Leben und Tod …

Einordnung:
- Tödliche Spiele (Teil 1) 
- Gefährliche Liebe (Teil 2)
- Flammender Zorn (Teil 3)

Rezension:
Kann Spoiler bezüglich des ersten Teils enthalten!
Zu Beginn ist dieses Buch manchmal leider ein bisschen oberflächlich. Es wird schnell deutlich, dass es der Autorin eigentlich nur um die 75. Hungerspiele geht und sie die notwendige, aber lästige Einleitung schnell hinter sich bringen möchte. Gerade der erste Teil der Geschichte ist aber die Grundlage für die ganze folgende Handlung. Es ist wirklich schade, dass so unglaublich viele Ereignisse im Schnelldurchlauf nur kurz angeschnitten werden. Beispielsweise gäbe es bei der Tour der Sieger nicht nur andere Distrikte und ihre Eigenheiten zu entdecken, sondern auch mögliche Zeichen des Widerstandes. Denn gerade diese Rebellion, die Katniss angestoßen hat, als sie bei den Spielen die Beeren herausholte, wird auf jeder zweiten Seiten erwähnt. Doch abgesehen von Distrikt 11, in dem Rue und Thresh Zuhause waren, und dem Kapitol bekommt kein Landesteil eine Erwähnung, die länger als zwei Sätze ist.
Zwischen den kurzen Zusammenfassungen und auch im weiteren Verlauf des Buches gibt es jedoch auch immer wieder Gänsehautmomente. Auch wenn sie es in dem Moment gar nicht beabsichtigt hat, hat Katniss mit den giftigen Beeren tatsächlich einen ersten Hauch von Widerstand angezettelt. Unkoordiniert und planlos gegen das Kapitol zu rebellieren, wäre jedoch zwecklos und lebensmüde. Deshalb gibt es immer nur kurze Zeichen der Unterstützung für Katniss, kleine Akte der Rebellion. Doch diese sind verbreitet über die ganze Bevölkerung und verursachen immer wieder eine Gänsehaut – auch wenn Katniss selbst kaum die Hälfte der Zeichen mitbekommt oder zu deuten weiß.
Gerade diese Unwissenheit ist es aber, die Katniss so sympathisch macht. Sie ist nicht arrogant und abgehoben, sodass sie jedes Zeichen als Unterstützung für ihre Sache wertet, sondern sieht immer eine andere, vermutlich auch viel realistischere Bedeutung in ihnen. In gewisser Weise ist sie viel zu jung und zu naiv, um zu merken, was sie da eigentlich ausgelöst hat. Außerdem gefällt mir unglaublich gut, dass sie keine geborene, selbstlose Heldin ist, sondern ihre Entscheidung im Grund danach fällt, ob sie für sie persönlich gut sind. Dadurch, dass ihre privaten und politischen Interessen aber häufig identisch sind, wirkt sie trotzdem nicht vollkommen egoistisch. Sie ist eine rundum sympathische und vor allem realistische Protagonistin.
Nachdem der erste Teil mit den Zusammenfassungen vorbei ist, steigert sich die Spannung in der Geschichte auch wieder. Es gibt viele, unerwartete Wendungen. Das Kapitol denkt sich immer neue Strafen und Drohungen für Katniss aus, die so aus dem Zusammenhang gerissen werden, dass sie unvorhersehbar sind. Das alles gipfelt in der besonderen Aufgabe, die sich angeblich vor 75 Jahren jemand für dieses Jubel-Jubiläum ausgedacht hat. Denn alle 25 Jahre werden nicht einfach Tribute ausgelost und in die Arena geschickt, sondern es gibt ein besonderes Verfahren. Beim ersten Jubel-Jubiläum beispielsweise mussten die Bewohner eines Distrikts selbst die beiden Tribute auswählen. Doppelt so viele Tribute mussten beim zweiten Jubel-Jubiläum ins Rennen geschickt werden. Und nun, beim dritten Jubel-Jubiläum, gibt es eine noch viel grausamere Aufgabe. Es ist vollkommen irrelevant, was Katniss versucht, wo sie sich befindet und womit sie sich beschäftigt, sie schafft es niemals, aus der Schusslinie zu geraten.
Das Kapitol ist allerdings nicht nur ein Problem, es hat auch ein Problem. Weder die Beeren noch irgendeines Ereignis hätten solche Folgen nach sich gezogen, wenn das Kapitol ein wenig flexibler wäre. Stattdessen sind alle Regeln und Gesetze so hart und unbeweglich, dass sie keinerlei Spielraum bieten. Solange die Menschen gehorchen, stellt das kein Problem dar. Doch ein einziger Schritt in eine andere Richtung bricht das Gesetz direkt. Und fängt eine einzelne Person an, eine einzelne Regel zu brechen, merkt die Masse, wie leicht es ist, auch die übrigen zu sprengen. Hätte das Kapitol die Regel, dass es bei den Spielen zwei Sieger geben kann, nicht aufgehoben, wäre es niemals zu den ganzen rebellischen Akten gekommen. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass es diese eiserne Verbohrtheit, diese fehlende Flexibilität ist, mit der das Kapitol sich selbst ein Bein stellen wird.

Fazit:
Ohne sich dessen bewusst zu sein, hat Katniss eine kleine Rebellion angefacht, gegen die das Kapitol mit aller Härte vorgeht, um jeden Funken noch im Keim zu ersticken. Doch statt sich nun zur Rädelsführerin aufzuschwingen, versucht Katniss bloß, die Menschen zu retten, die sie liebt – denn sie ist keine geborene, selbstlose Heldin. Leider lässt das Buch am Anfang die fesselnde Spannung vermissen, die im letzten Teil noch allgegenwärtig war. Auch werden die Ereignisse in den ersten Kapiteln enttäuschend kurz und oberflächlich zusammengefasst. Daher bekommt „Die Tribute von Panem – Gefährliche Liebe“ nur vier Schreibfedern.