Rezension

Schwächen im Spannungsaufbau, wettgemacht durch schönen Schreibstil, Setting & Idee

Die Einzige - Jessica Khoury

Die Einzige
von Jessica Khoury

Bewertet mit 3.5 Sternen

Zitat:
“Liebe ist doch nichts anderes als ein chemischer Vorgang mit erhöhten Dopamin- und Noradrenalinwerten. Aber so wie Onkel Antonios Gesicht beim Tanzen strahlt...Ich frage mich, wie sich das wohl anfühlt. Sich nur für kurze Zeit, von den Romantik- Chemikalien leiten zu lassen.“ S.66

Meine Meinung:
“Die Einzige“ startet vielversprechend mit einer sympathischen Protagonistin, die zwar von allen als perfekt betitelt wird und deshalb auch selbst sagt, dass sie perfekt ist, sich aber eigentlich gar nicht so fühlt. Sie wird von Selbstzweifeln geplagt und fragt sich, ob sie wirklich in dieses Camp gehört und auch in Zukunft dort bleiben soll.

Dadurch dass die Forscher vor ihr kein Wort über die Außenwelt verlieren dürfen und sie selbst noch nie einen Fuß in den Dschungel gesetzt hat, wächst in ihr eine große Sehnsucht nach Freiheit, Natur und Liebe.
Sie träumt von der großen weiten Welt und ist hin- und hergerissen zwischen Little Cam und dem Dschungel.
Zwischen der Wissenschaft, dem, was sie ihr Leben lang kannte, und dem vollkommen neuen, aufregenden, das sie schon seit Ewigkeiten reizt.
Dieser Konflikt der Hin- und Hergerissenheit, wird besonders klar herausgestellt, da es mehrmals im Buch in ähnlicher Ausführung erwähnt wird, was mich persönlich jedoch nicht gestört hat.

Aufgrund ihres geringen Wissens über die Außenwelt, ist Pia stellenweise sehr naiv, was aber nachvollziehbar ist und meiner Meinung nach deshalb nicht allzu sehr ins Gewicht fällt.
Im Grunde genommen ist ihre Naivität und ihr Hunger nach der Welt auch der Hauptgrund für die Sympathie, die ich für sie aufbringe, weil ich mich, gewissermaßen mit dem Wunsch, die Welt zu sehen, identifizieren kann.

Jessica Khoury schafft es, mit ihren Worten wunderschöne Bilder zu erschaffen, den Dschungel und seine Bewohner in einen magischen Schleier umwerfender Beschreibungen zu hüllen und einen mit ihrem Konzept zu verzaubern.
Es wird nicht langweilig ihren Worten zu folgen, jedoch lässt die Spannung und der Kieselstein, der die Geschichte ins Rollen bringt, sehr lange auf sich warten, da Pia nicht unbedingt der stärkste und rebellischste Charakter ist, den es je in Büchern gegeben hat. Sie ist sich lange unsicher, ihr fehlt der Mut und auch die eigene Entschlossenheit, aus dem Camp, und damit auch sozusagen ihrer Familie, auszubrechen.
Auch wenn der Schreibstil wirklich schön ist, ist “Die Einzige“ insgesamt doch an einigen Stellen etwas langatmig.

Der Grund für Pias Überlegungen Little Cam zu verlassen, ist nicht allein der, dass sie sich nach Freiheit sehnt, sondern auch Eio, der Ureinwohner, dem sie bei einem ihrer heimlichen Ausflüge in die Arme gelaufen ist und der sich wenig später schon in ihr Herz geschlichen hat.
Leider bleibt Eio, wie auch die meisten der anderen Charaktere, relativ blass, so dass mich ihre Liebe nicht vollkommen überzeugen oder für sich einnehmen konnte. Durch die schnelle Entwicklung und den Aufbau der Gefühle, wirkt sie nicht so glaubwürdig.

Aber auch hier finde ich, kann man es damit begründen, dass Pia bislang isoliert und abgeschottet von Menschen ihres Alters gelebt hat und sie deshalb von Eio und dem für sie Neuen angezogen wird. Außerdem sehnt sie sich nicht nur nach Freiheit und der Natur des Dschungels, sondern wie fast jedes menschliche Wesen, auch nach Liebe.
Ich kann sie also durchaus verstehen, nur nicht die Liebe nachempfinden, weil sie mich insgesamt nicht wirklich berührt hat.

Die langatmigen Stellen ohne große Handlung, werden auf den letzten Seiten, mit einem rasanten Spektakel mit Thriller- Elementen und einem Ende in eine vollkommen unerwarteten Richtung, mit der niemand gerechnet hat, wieder wettgemacht.
Ich wage zu bezweifeln, dass jemand dieses Ende kommen sehen kann, da vorher in keinster Weise darauf hingewiesen wird.
Es ist wirklich schön und perfekt für diesen Einzelband, wie man ihn derzeit im Jugenbuch-Bereich nur noch selten findet.

Fazit:
Auch wenn “Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit“ ein paar Schwächen vorzuweisen hat -vor allem, was den Spannungsaufbau betrifft- kann es doch mit dem schönen Schreibstil, dem umwerfenden Setting und der faszinierenden Idee punkten.
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