Rezension

Schwedische Millieustudie mit Krimianteilen

Der Fall Kallmann - Håkan Nesser

Der Fall Kallmann
von Håkan Nesser

Bewertet mit 4 Sternen

Im btb Verlag erschien 2017 der neueste Roman "Der Fall Kallmann" des beliebten schwedischen Autors Håkan Nesser.

In einer schwedischen Kleinstadt: Eugen Kallmann war ein beliebter Lehrer, als er stirbt, wirft sein Tod einige Fragen auf. Die Polizei macht es als Unfall fest. Als Leon Berger Kallmanns Nachfolge im Schwedischunterricht antritt, findet er dessen Tagebücher. Er liest sie und kann sich daraus keinen Reim machen, denn Kallmann spricht in Rätseln. Er behauptet sogar, einem ungesühnten Verbrechen auf der Spur gewesen zu sein.  War das eventuell ein Motiv für seinen eigenen Todesfall? Leon Bergers Interesse ist geweckt und mit zwei Kollegen versucht er das Rätsel zu lösen.

Der Aufhänger dieses Romans ist die Person Eugen Kallmann, einem eigenbrötlerischen Lehrer, der sich für Kriminalfälle interessiert und behauptet, er könne es einem Menschen ansehen, ob er einen Mord begangen hat. Sein Nachfolger Leon Berger versucht, sich aus Kallmanns Tagebüchern und Befragungen ein genaues Bild von Tod seines Vorgängers zu machen.

In diesem Roman erfährt der Leser aus unterschiedlichen Ich-Perspektiven die gesamte Geschichte, es sind der Lehrer Leon, Ludmilla, Igor und Schülerin Andrea. Die Kapitel erscheinen wie Tagebuchseiten der Personen, sie sind zeitlich strukturiert und daher kann man sie auch gut zuordnen. Man bekommt einen tiefen Einblick in die Figuren und erfährt von ihren inneren Konflikten und kann dadurch die verschieden angelegten Charaktere gut einschätzen.  

Wie allerdings der Fall Kallmann mit den Personen zusammenhängt, kristallisiert sich erst allmählich wie bei einem Puzzle heraus.

Håkan Nessers Schreibstil ist flüssig zu lesen, erscheint in einem ruhigen Tonfall und leicht melancholisch. Dabei gelingt es ihm, die Charaktere lebendig und unverwechselbar mit verschiedenen Stimmen reden zu lassen und das macht den eigentlichen Reiz des Romans aus. Der Krimifall tritt nicht in den Vordergrund, es geht mehr um die Figuren, ihnen wird viel Raum gegeben und dadurch bleibt die Ermittlungsarbeit und Spannung mehr oder weniger auf der Strecke. Es ist dennoch interessant, wie sich die Fäden bis zum Ende zusammenfügen und eine schlüssige Lösung präsentiert wird. Man benötigt dafür allerdings einen langen Leseatem. 

Wie es bei skandinavischen Autoren häufig der Fall ist, hat auch Nesser als Grundlage seines Romans den Blick auf die gesellschaftspolitische Ebene gelenkt. Damit ergibt sich auch die Erklärung, warum wir hier von einem Roman ausgehen müssen, auch wenn ein Mordfall zur Aufklärung kommen soll. 

Diesen Roman empfehle ich den Fans des Autors, aber auch literarisch interessierten Lesern, die einen zwar ruhig, aber brillant erzählten Roman zu schätzen wissen.