Rezension

Sehr einfühlsam und gefühlvoll

Himmelsstern - Jamie Craft

Himmelsstern
von Jamie Craft

Bewertet mit 5 Sternen

Wir leben noch

Was machst du, wenn du nicht nur deine Heimat verlierst, sondern auch deine große Liebe für immer verloren glaubst? Wirst du es zulassen, dich neu zu verlieben? Oder wirst du weiter warten und dich an den letzten Funken Hoffnung klammern? 

Anna Bednarz kommt nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 als eine aus Schlesien Vertriebene ins Münsterland. Hier in der Fremde versucht sie, über den Verlust ihrer Heimat hinwegzukommen. Sie beginnt ein medizinisches Studium und hilft zusammen mit ihren Kommilitonen beim Trümmerabbau der Stadt Münster. Sie findet neue Freunde und eines Tages taucht sogar ihre Cousine und beste Freundin wieder auf. Doch Annas Herz ist voll Trauer und Sehnsucht nach ihrer großen Liebe Günther, der als Soldat in den Krieg zog und der nun verschollen ist. 

Sie begegnet Karl von Woestemann. Der gutaussehende, charmante junge Mann könnte ihr ein Leben ohne materielle Not bieten. Sie wäre anerkannt und würde vielleicht ja anfangen, sich heimisch zu fühlen. Doch ihr Herz schwankt. Darf es das zulassen? Will es das zulassen? Und warum reagiert Karl manchmal so aggressiv? 

Doch auch ihre Kommilitonen scheinen etwas im Schilde zu führen. Als sie eines Nachts mit Annas Hilfe eine Kiste aus dem Aasee fischen, entdecken sie dort eine Leiche. Und Anna steckt bereits viel tiefer in kriminellen Machenschaften drin, als sie ahnt. Während ihr Herz sich zwischen Günther und Karl entscheiden muss, gerät nicht nur sie in große Gefahr. Auch ihre kleine Schwester ist plötzlich verschwunden.

Jamie Craft hat hier einen historischen Roman geschrieben, der uns sehr einfühlsam und gefühlvoll an unsere jüngere Geschichte erinnert. Anna ist mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester Elfriede aus Schlesien geflohen und im Münsterland untergekommen. Sehr eindrucksvoll erzählt die Autorin von der Ablehnung und das Misstrauen, dass ihnen von den Bewohner auf dem Land entgegengebracht wird. Der Wideraufbau in Münster, durch die Frauen, der Kampf ums die Kleinigkeiten, die man zum Überleben braucht, kleine Hoffnungsschimmer, all dies wird beschrieben. Auch das es die Anderen gab, die sich schon während der Nazi-Zeit bereichert haben und nach dem Krieg genau dort weitergemacht haben. Anna und ihre Familie sind gut charakterisiert. 

Und eine Szene in dem Buch drückt das Lebensgefühl sehr gut aus. Anna sitzt mit ihrer Cousine Else oben im Dom und schaut auf die ausgebombte Stadt.

 

„Ganz schön kaputt“.

„Ja, wie unsere Seelen. Aber wir leben noch“

 

Jamie Craft hat hier wirklich sehr gefühlvoll eine Geschichte voller Hoffnung erzählt.