Rezension

Sehr empfindsames, intensives Buch über Schmerz und Hoffnung, Liebe und Vertrauen.

Für alle Tage, die noch kommen
von Teresa Driscoll

Bewertet mit 5 Sternen

Ich kann bei dir sein - wann immer du willst.

Was macht eine Mutter, wenn sie weiß, dass ihr Leben nicht ausreicht, um ein geliebtes Kind zu begleiten, ihm zur Seite zu stehen, wenn es Hilfe braucht, Trost zu spenden, wenn es Kummer hat oder die glücklichen Momente des Lebens mit ihm zu teilen? Eleanor Dance hatte ein Rezeptbuch für ihre Tochter Melissa geschrieben. Ein Buch für "die Zeit danach". Es waren Rezepte, die sie gemeinsam mit ihr in unbelasteten Zeiten ihrer Kindheit in der Küche zubereitet hatte, die wie ein Schlüssel auch andere Erinnerungen wachriefen und die Vergangenheit lebendig werden ließen. Als James Hall, der Mann, dem ihre Mutter das Buch anvertraut hatte, ihr das Vermächtnis zu ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag übergab, war Melissa erschreckt und verwirrt. Konnten all' die Jahre, in denen der Kontakt zu Eleanor keine Stimme gehabt hatte, überbrückt werden, konnten die Zeilen der Mutter ihr das bringen, was Melissa bisher nicht empfangen hatte? Der Zeitpunkt in ihrem Lebens war unendlich wichtig, denn ihre eigenen Gefühle waren durcheinander, bedurften einer Klärung, und das Gespräch mit der Mutter konnte helfen, sich selbst und den Anderen Vertrauen zu schenken.

In flüssiger, angenehmer Sprache erzählt Teresa Driscoll die Geschichte dieser Mutter-Tochter-Beziehung, nimmt Vater und Lebenspartner mit hinein, erzählt aus deren unterschiedlichen Perspektiven, sodass die Entwicklung der Situationen in eine überzeugende Glaubhaftigkeit voneinander gestellt wird. Der Leser erhält die Möglichkeit, immer wieder aus Sicht der einzelnen Familienmitglieder auf die Zeit zu blicken, die der anrührende und spannende Roman umfasst. Ein Kaleidoskop menschlicher Empfindungen wird in feinfühliger Sensibilität dargestellt und lässt doch jeglichen übertriebenen Druck auf die Tränendrüsen vermissen, der sonst häufig praktiziert wird, wenn es um derartige Themen geht.

Die in mir anfänglich noch vorhandene Distanz zu den Personen baute sich im Laufe der Geschichte nahezu unmerklich komplett ab, sodass ich irgendwann erstaunt feststellte, dass ich mit zunehmender Spannung intensiv auf den Fortgang der Ereignisse wartete und von der zarten Überzeugungskraft der Autorin eingeholt wurde.

Das Buch ist nicht nur auf Grund der ausgefallenen Situation, die es beschreibt, Spiegel eines ungewöhnlichen Lebensalltags. Es verbindet Tapferkeit und Schmerz, Hoffnung und Liebe mit feinen Strichen wie der Maler die Farben seines Aquarells und wird dadurch zum empfehlenswerten Leseerlebnis.