Rezension

Sehr gelungener Auftakt

Das geheime Portal - Henry H. Neff

Das geheime Portal
von Henry H. Neff

Bewertet mit 4.5 Sternen

Max ist ein ganz normaler 12-jähriger Junge, dessen Mutter vor zwei Jahren spurlos verschwunden ist, und der bei seinem Vater lebt. Jedenfalls ist er bis zu dem Zeitpunkt normal, an dem er im Museum diesen seltsamen Wandteppich entdeckt. Ab diesem Moment ändert sich sein Leben von Grund auf. Ehe er es sich versieht, befindet er sich in Rowan, einer Schule für magisch begabte Kinder, und er schwebt in großer Gefahr.

Mein erster Gedanke, als ich das Buch aufschlug, war: Dieses Buch ist bestimmt so ähnlich wie Harry Potter. Dieser Gedanke hat sich sicherlich in gewissen Aspekten auch bewahrheitet. Es gibt einige Parallelen und Ähnlichkeiten. Der Leser kommt nicht umhin, auch immer mal wieder Vergleiche anzustellen, Pendants der Figuren oder auch Situationen zu suchen. Aber: Diese Geschichte hat auch ihren ganz ureigenen Charakter. Vieles ist ganz anders, es gibt neue Ideen zu entdecken und ganz neue Abenteuer zu erleben.

Die Geschichte fängt schon sehr spannend an. Kaum hat der Autor diese eingeleitet, stellen sich dem Leser prompt die ersten Fragen und lassen ihn hurtig weiterlesen. Henry H. Neff versteht es, fast bis zum Ende des Buches mehr Fragen aufzuwerfen als zu beantworten. Das fängt auf der ersten Seite an und hört sobald auch nicht wieder auf. Das Buch wegzulegen ist also unmöglich.

In rasantem Tempo geht die Geschichte auch zunächst weiter. Zwischendurch flacht die Spannung ein wenig ab, der Leser darf mal Atem holen und sich sammeln, um sich auf den Schluss der Geschichte vorzubereiten. Der Spannungsbogen wird also stetig immer weiter aufgebaut.

Die Figuren und ihre Umgebung sind detailliert beschrieben, ohne den Leser mit unnützen Detaills zu langweilen. Ich konnte mir ein sehr gutes Bild der Charaktere schaffen. Was der Leser nicht kann, ist, sich ein klares Bild über die Eigenschaften der Figuren zu machen. Zwar werden ihnen schon einige Eigenschaften zugeschrieben, aber wie das auch im wahren Leben so ist, kann der Schein erheblich trügen. So gelingt es dem Leser kaum, die Charaktere einzuschätzen, und vermutet hinter jedem Freund vielleicht doch den Feind. Das trägt ohne Zweifel zum Aufbau der Spannung bei.

Der Schreibstil des Autors ist sehr klar und flüssig. Das Fehlen von Bandwurmsätzen lässt das Buch sehr gut durchlesen. Geschrieben ist die Geschichte im aukorialen Erzählstil, allerdings liegt der Fokus auf Max. Der Leser erfährt wenig über Ereignisse, die außerhalb von Max' Handlungsbereich liegen. Auch das trägt zur Spannung bei, weil der Leser nie weiß, was als nächstes passieren könnte. Dem Autor ist es sehr gut gelungen, geschichtliche Ereignisse durch magische Manipulation zu erklären. Der Leser merkt also, dass Politik nicht einfach so gemacht wird, sondern dass höhere Mächte dahinter stecken müssen. Anders kann sich manches auch einfach nicht erklären.

Ich hätte mir gewünscht, dass ich noch ein bisschen mehr darüber erfahre, wie es Max in der Schule ergeht, wie er mit der Magie klar kommt und wie er sich im Unterricht anstellt. Ist er ein guter Schüler oder eher mittelmäßig oder gar grottenschlecht? Anfangs dürfen die Leser Max zwar zum Unterricht begleiten, aber über die ersten Versuche, Magie zu wirken, hinaus, erfährt der Leser ziemlich wenig. Genauso verhält es sich mit Alex, Max' größten Rivalen. Es gibt am Anfang ihres Kennenlernens ein oder zwei Szenen, in denen sie einander gegenseitig in Konfrontation gegenüberstehen, aber dann wird bis zum Schluss des Buches zunächst nicht weiter darauf eingegangen. Das finde ich ein bisschen schade, denn Rivalen provozieren ja auch mal so zwischendurch ganz gerne. Das hätte der Geschichte bestimmt auch noch ein bisschen Biss verpasst.

Bestimmte Dinge werden in der Geschichte immer wieder erwähnt und/ oder besonders hervorgehoben. Zumindest hatte ich immer diesen Eindruck. Leider habe ich nicht auf alle meine Fragen Antworten erhalten, so dass ich mich frage, ob ich das einfach nur so empfunden habe oder ob da doch noch mehr dahinter steckt. Ist der Vorhang einfach nur blau, weil er blau ist, oder hat das symbolisch einen viel tieferen Sinn? Die Antwort werden mir nur Teil 2 und 3 geben können. Ich lasse mich überraschen, wie es weitergeht.

Es handelt sich bei diesem Buch um einen sehr gelungenen Auftakt einer Trilogie. Ich kann es wirklich nur weiterempfehlen. Wer Fantasy liebt, sollte sich das nicht entgehen lassen. Ich vergebe daher 4,5 Sternchen.